Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
aa) Form
Rz. 1177
Der Betriebsrat muss alle Gründe, mit denen er die Zustimmung verweigern will, innerhalb der Frist von einer Woche ggü. dem Arbeitgeber schriftlich erklären. Dies erfordert einen entsprechenden ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss. Die Betriebsparteien können vereinbaren, dass das Mitbestimmungsrecht nicht auf die gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe beschränkt ist. Sie können den Betriebsrat allerdings nicht wirksam von der Pflicht zur Nennung von Zustimmungsverweigerungsgründen freistellen (BAG v. 23.8.2016 – 1 ABR 22/14, juris). Sie können auch nicht wirksam vereinbaren, dass die Zustimmung des Betriebsrats als verweigert "gilt", wenn zwischen ihnen bis zum Ablauf der Äußerungsfrist oder einer verlängerten Stellungnahmefrist kein Einvernehmen erzielt worden ist; den Betriebsparteien fehlt für einen solchen Eingriff in das Zustimmungsersetzungsverfahren die Regelungskompetenz (BAG v. 13.3.2013 – 7 ABR 39/11, juris).
Rz. 1178
Der Betriebsrat soll über die dem Arbeitgeber mitzuteilenden Verweigerungsgründe keinen besonderen Beschluss fassen müssen (so zu weitgehend BAG v. 30.9.2014 – 1 ABR 32/13, juris, mit der Begründung, die Formulierung sei Sache des Betriebsratsvorsitzenden; wenigstens eine ungefähre Festlegung der Richtung der Begründung durch das Betriebsratsgremium wird man entgegen BAG aber verlangen dürfen. In der BAG-Entscheidung ging es allerdings um eine Umgruppierung – in diesem Fall kommt in der Tat nur ein einziger Verweigerungsgrund, nämlich Verstoß gegen die Vergütungsordnung, in Betracht, so dass dem BAG für Ein- oder Umgruppierungsverweigerungen zuzustimmen ist). Arbeitgeber und Betriebsrat – wohl auch der Arbeitgeber einseitig – können die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG beliebig verlängern (zuletzt BAG v. 16.11.2004 – 1 ABR 48/03, juris).
Rz. 1179
Für die Einhaltung der Schriftform für die Verweigerung genügt auch das rechtzeitig beim Arbeitgeber eingegangene Telefax (BAG v. 11.6.2002 –1 ABR 43/01, juris). Es genügt auch die elektronische Form mit Signatur nach dem SigG. Nach BAG (9.12.2008 – 1 ABR 79/07, juris) genügt auch die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden per E-Mail; dafür reicht aus, dass die Erklärung in dauerhaft lesbarer Form abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss des Textes erkennbar ist. Dies ist bei einem Schreiben, das mit einer Grußformel und der Angabe von Name und Funktion des Betriebsratsvorsitzenden geendet hat, gegeben. Auch genügt die Bezugnahme auf ein anderes Schreiben, weil eine körperliche Verbindung von Haupturkunde und Anlagen nicht erforderlich ist, soweit deren sachliche Zusammengehörigkeit feststeht (BAG v. 16.11.2004 – 1 ABR 48/03, juris).
bb) Teil-Schlüssigkeit
Rz. 1180
Das Gesetz regelt in § 99 Abs. 2 BetrVG sechs Verweigerungsgründe des Betriebsrates ("kann verweigern, wenn …"). Dies ist so zu verstehen, dass eine Verweigerung des Betriebsrates nur dann rechtlich beachtlich ist, wenn er sich in seinem Verweigerungsschreiben auf mindestens einen dieser sechs Gründe bezogen hat. Die Verweigerungsgründe sind
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Nr. 1: Verstoß der Einstellung/Versetzung/Eingruppierung gegen ein Gesetz, eine VO, eine UVV, eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung; |
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Nr. 2: Verstoß gegen eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG; |
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Nr. 3: Durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass infolge der Einstellung/Versetzung im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten; |
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Nr. 4: Der betroffene Arbeitnehmer durch die Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist; |
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Nr. 5: Eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist; |
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Nr. 6: Die durch Tatsachen begründetet Besorgnis besteht, dass er für die Einstellung/Versetzung in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insb. durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung stören würde. |
Rz. 1181
Äußert sich der Betriebsrat nicht oder enthält seine Zustimmungsverweigerung keine Gründe, gilt die Zustimmung als erteilt und ein Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG auf Zustimmungsersetzung ist nicht erforderlich. Nicht genügend ist es auch, wenn der Betriebsrat ohne nähere Darlegung eine Nr. des § 99 Abs. 2 BetrVG benennt oder lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt. Er muss vielmehr die von ihm angenommene Verweigerung "mit Leben füllen". Erforderlich ist aber nicht, dass die vom Betriebsrat angeführten Gründe schlüssig den Verweigerungsgrund ergeben. Es genügt, dass der Betriebsrat in seinem Widerspruch konkrete, auf den Einzelfall bezog...