Rz. 4
Stützt sich die Abschleppmaßnahme auf Verstöße gegen Verkehrsverbote und Verkehrsgebote beinhaltende Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen, so müssen diese wirksam sein. Sie werden als Verwaltungsakte in der Form einer Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 S. 2 VwVfG gemäß § 43 VwVfG gegenüber demjenigen, für den sie bestimmt sind oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm bekannt gegeben werden. Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen (Spezial-)Vorschriften der StVO durch Aufstellen des Verkehrszeichens. Dies ist eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe. Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon "mit einem raschen und beiläufigen Blick" erfassen kann, so äußern sie nach dem so genannten Sichtbarkeitsgrundsatz ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Dies setzt aber voraus, dass sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Gebot oder Verbot durch Verkehrszeichen verlautbart wurde. Für die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen, gelten zwar grundsätzlich weniger strenge Anforderungen als an solche, die den fließenden Verkehr regeln. Auch sie äußern ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer aber nur verpflichtet, wenn hierfür nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht. Anlass für eine über den einfachen Rundumblick nach dem Abstellen des Fahrzeugs hinausgehende Nachschau, etwa durch Abschreiten des Nahbereichs, kann beispielsweise bestehen, wenn ein Halt- oder Parkverbotszeichen durch dort abgestellte besonders hohe Fahrzeuge verdeckt sein könnte oder wenn die Sichtverhältnisse wegen Dunkelheit oder der Witterungsverhältnisse so beeinträchtigt sind, dass der Verkehrsteilnehmer damit rechnen muss, Verkehrszeichen schon deshalb nicht zu erkennen. Dies gilt auch und gerade für mobile Verkehrszeichen.
Rz. 5
Auch rechtswidrige Verkehrszeichen sind solange wirksam und beachtlich, solange sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt sind, § 43 Abs. 2 VwVfG. Lediglich nichtige Verkehrszeichen sind unwirksam, § 43 Abs. 3 VwVfG (vg. dazu ausführlich § 39 Rdn 96 ff.).
Rz. 6
Die materielle Beweislast dafür, dass den Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes für die Aufstellung oder Anbringung der Verkehrszeichen genügt wurde, trägt nach allgemeinen Grundsätzen im Streitfall die Behörde, die daraus Rechtsfolgen herleiten will.
Rz. 7
Auch fehlerhafte Gebots- und Verbotszeichen sind grundsätzlich wirksam (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG). Rechtswidrige Verkehrszeichen müssen daher vom Verkehrsteilnehmer beachtet werden. Sie sind gültig und rechtsverbindlich. Lediglich ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam (§ 43 Abs. 3 VwVfG). Nichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 3 VwVfG liegt nur vor, wenn das Verkehrszeichen an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und wenn dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände auch offenkundig ist. Der schwerwiegende Fehler muss für einen verständigen Bürger offensichtlich sein, seine Ungültigkeit muss für jedermann derart augenscheinlich sein, dass er gleichsam den "Stempel“ der der Nichtigkeit auf der Stirn trägt. Nur unter den engen Voraussetzungen und in dem in der Praxis seltenen Fall der Nichtigkeit des Verkehrszeichens braucht dieses nicht beachtet werden."