A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die gesetzliche Grundlage für die Vergütung des Anwalts in Bußgeldsachen findet sich in Teil 5 des Vergütungsverzeichnisses des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (VV RVG). Auch hier entsteht, wie im Strafverfahren – auf die dortigen Ausführungen wird auch wegen der weiteren Gebühren und der Vergleichbarkeit mit Blick auf deren Anfall verwiesen –, zunächst die Grundgebühr, es sei denn, für dieselbe Handlung ist bereits die Gebühr nach Nr. 4100 VV RVG entstanden, weil es dann an der erstmaligen Einarbeitung in die Sache fehlt. Die Gebührenhöhe für die ebenfalls anfallende Verfahrensgebühr richtet sich nach der Höhe der Geldbuße. Nach Vorbemerkung 5.1, Abs. 2 ist maßgebend die zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebühr zuletzt festgesetzte Geldbuße.

Weder bei einem Antrag auf Wiedereinsetzung noch bei einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG handelt es sich um gesonderte Tätigkeiten, so dass die Tätigkeit des Anwalts mit der jeweiligen Verfahrensgebühr abgegolten wird, die jedoch unter Berücksichtigung der Kriterien aus § 14 RVG angemessen erhöht werden kann, weil mit beiden Verfahren ein Mehraufwand einhergeht.

B. Verfahren über die Rechtsbeschwerde

 

Rz. 2

Das Rechtsbeschwerdeverfahren und jenes auf Zulassung derselben stellen dieselbe Angelegenheit i.S.d. RVG dar (§ 16 Nr. 11 RVG). Das Honorar richtet sich jedoch nicht mehr nach der Höhe der verhängten Geldbuße.

Die Verfahrensgebühr richtet sich nach Nr. 5113 VV RVG, für den Fall einer Hauptverhandlung kommt die Terminsgebühr gemäß Nr. 5114 VV RVG hinzu. Wird der Anwalt erstmalig im Rechtsbeschwerdeverfahren tätig, fällt zudem auch die Grundgebühr gemäß Nr. 5100 VV RVG an.

Zwar gehört die Einlegung des Rechtsmittels noch zur erstinstanzlichen Tätigkeit, § 19 Abs. 1 Nr. 10 RVG. Anderes gilt jedoch für die Rücknahme desselben.

 

Rz. 3

Muster 44.1: Rücknahme Rechtsbeschwerde

 

Muster 44.1: Rücknahme Rechtsbeschwerde

Zwar zählt das Einlegen der Rechtsbeschwerde noch zum amtsgerichtlichen Verfahren (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG), so dass hierfür die Verfahrensgebühr Nr. 5113 VV RVG noch nicht anfällt. Für die Rücknahmeerklärung gilt dies dagegen nicht. Diese löst die Gebühren des Rechtsmittelverfahrens aus, so dass allein für die Rücknahme bereits die Verfahrensgebühr nach Nr. 5113 VV RVG angefallen ist. War die Rechtsbeschwerde zum Zeitpunkt ihrer Rücknahme noch nicht begründet, so ist jedoch die Verfahrensgebühr im unteren Bereich anzusiedeln.

Darüber hinaus ist nach Nr. 5113 VV RVG auch eine zusätzliche Gebühr nach Anmerkung Abs. 1 Nr. 4 zu Nr. 5115 VV RVG angefallen. Die bloße Rücknahmeerklärung reicht als Mitwirkungshandlung aus (LG Braunschweig AGS 2004, 256; Burhoff, RVGreport 2015, 86). Für die zusätzliche Gebühr haben die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG keine Bedeutung. Die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG entsteht nach überwiegender Auffassung immer in Höhe der jeweiligen Verfahrensmittelgebühr (Schneider, Fälle und Lösungen zum RVG, 4. Aufl., § 36 Beispiel 89).

C. Zusätzliche Gebühren

 

Rz. 4

Auch im Bußgeldverfahren kann eine Zusatzgebühr (Nr. 5115 VV RVG) anfallen. Die Gebühr fällt jedoch nur an, wenn der Anwalt an der Erledigung mitgewirkt hat. Unter Mitwirkung wird zumindest eine Förderung der Erledigung verstanden, auch wenn diese nicht ursächlich war (BGH NJW 2009, 368). Es gibt folgende fünf Fälle:

I. Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG

 

Rz. 5

Die Gebühr entsteht nach Abs. 1 Nr. 1 vorerwähnter Norm, wenn das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird.

II. Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG

 

Rz. 6

Nach Abs. 1 Nr. 2 VV RVG fällt die Zusatzgebühr auch an, wenn der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid im vorbereitenden Verfahren vor der Verwaltungsbehörde zurückgenommen wird.

III. Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 3 VV RVG

 

Rz. 7

Wird der Bußgeldbescheid nach Einspruch von der Verwaltungsbehörde zurückgenommen und gegen einen neuen Bußgeldbescheid kein Einspruch eingelegt, fällt die Zusatzgebühr nach Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 3 VV RVG an.

IV. Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 4 VV RVG

 

Rz. 8

Wenn sich das gerichtliche Verfahren aufgrund der Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid oder die Rücknahme der Rechtsbeschwerde erledigt, entsteht die Gebühr ebenfalls, vgl. Abs. 1 Nr. 4. Ist jedoch bereits ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, entsteht die Gebühr nur, wenn der Einspruch oder die Rechtsbeschwerde früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen wird.

V. Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 5 VV RVG

 

Rz. 9

Schließlich fällt die zusätzliche Gebühr auch dann an, wenn das Gericht nach § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG durch Beschluss entscheidet, Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 5 VV RVG.

VI. Zusätzliche (Verfahrens-) Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG

 

Rz. 10

Immer häufiger wird neben dem eigentlichen Bußgeldverfahren zusätzlich der Verfall nach § 29a OWiG angeordnet. Für die Tätigkeit des Anwalts in diesem Verfahren entsteht die zusätzliche Gebühr gemäß Nr. 5116 VV RVG sowohl für den Wahl- als auch für den Pflichtverteidiger, wobei sich die Höhe der Gebühr nach dem Wert der Sache berechnet, § 13 RVG.

Die Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG entsteht nicht für den Fall, dass neben der Geldbuße ein Fahrverbot angeordnet wurde.[1] Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen zu Nr. 4141 VV RVG im Strafrechtsteil verwiesen.

D. Bestimmung der Gebührenhöhe

 

Rz. 11

D...

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