Der BGH normiert für fahrunsichere Kraftfahrer eigene Verhaltensregeln (BGHSt 24, 36; NJW 1971, 388; BGH DAR 2013, 88). Danach muss ein alkoholbedingt fahruntüchtiger Kraftfahrer die Geschwindigkeit seiner herabgesetzten Reaktionsfähigkeit anpassen. Hat er dies nicht getan, soll er wegen fahrlässiger Tötung bzw. Körperverletzung selbst dann verurteilt werden können, wenn ein nüchterner Kraftfahrer bei gleich hoher und zulässiger Geschwindigkeit den Unfall nicht hätte verhindern können (BayObLG zfs 1994, 225).
Dieser Rechtsprechung kann nicht gefolgt werden. Die Rechtsprechung zur Fahrunsicherheit basiert ja gerade auf dem Vorhalt, dass der Kraftfahrer alkoholbedingt nicht in der Lage war, sein Fahrzeug sicher zu führen, ohne dass ihm ein Versagen in der konkreten Situation nachgewiesen werden bräuchte.
Forderte man nun aber umgekehrt von ihm ein so reduziertes Fahrverhalten, dass er auf Gefahren ebenso gut wie ein Nüchterner reagieren könnte, erwartete man von ihm in Wahrheit ein Fahrverhalten, bei dem seine Fahrunsicherheit sich nicht auswirken könnte, ja er eigentlich gar nicht fahrunsicher wäre. Konsequenterweise dürfte er – wenn er sich entsprechend verhält – auch nicht wegen alkoholbedingter Fahrunsicherheit verurteilt werden.
Tatsächlich ist es doch so, dass dem Täter die Fahrunsicherheit bereits über § 316 bzw. § 315c StGB vorgeworfen wird und sie ihm ohne das Hinzutreten weiterer Umstände bei der fahrlässigen Körperverletzung nicht nochmals vorgehalten werden kann. Andernfalls würde der Fahrunsichere für einen rein zufälligen Erfolg haften müssen, was mit Rechtsgrundsätzen nicht zu vereinbaren wäre (OLG Hamm zfs 2002, 306).
Bezugspunkt für die Vorwerfbarkeit des Erfolges kann vielmehr nur die Frage sein, ob bei gleich bleibenden Umständen der alkoholisierte Fahrer im nüchternen Zustand den Unfall hätte vermeiden können (OLG Koblenz VRS 71, 282; OLG Hamm zfs 2002, 306).