I. Typischer Sachverhalt
Rz. 1
Aus einer Thekenmannschaft, die einmal pro Woche Fußball spielte, hat sich eine feste Gemeinschaft entwickelt. Nun haben sich die Mitglieder entschlossen, einen Verein zu gründen, um am offiziellen Spielbetrieb ihres Fußballkreises teilnehmen zu können. Sie wenden sich an einen Rechtsanwalt und bitten diesen um Beratung und Beistand bei Entwurf der Satzung, der Gründung des Vereins und der Anmeldung zur Eintragung in das Vereinsregister.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Vereinsrecht
a) Gesetzliche Regelungen
Rz. 2
Die grundgesetzliche Grundlage eines jeden Vereins ist die Vereinigungsfreiheit, die in Art. 9, 21 GG geregelt ist. Dieses Recht umfasst auch die Vereinsautonomie, also das Recht, die Binnenorganisation des Vereins im Rahmen der gesetzlichen Rahmenregeln frei auszugestalten. Das private Vereinsrecht ist in den §§ 21–79 BGB geregelt. Bestimmungen zu Spezialfragen wie Vereinsverboten etc. finden sich im Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz). Wesentliche Regelungen finden sich darüber hinaus in den §§ 51 ff. AO und der Anlage zu § 60 AO (Mustersatzung).
b) Vereinsbegriff
Rz. 3
Ein Verein im Sinne der Regelungen der §§ 21 ff. BGB und gem. § 2 VereinsG ist:
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ein freiwilliger Zusammenschluss |
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von mindestens sieben natürlichen oder juristischen Personen für einen rechtsfähigen und mindestens zwei Personen für einen nicht rechtsfähigen Verein |
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zumindest für eine gewisse Zeit |
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zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks |
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unter einer organisierten Willensbildung |
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bei Führung eines Vereinsnamens |
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unter Geltung einer Satzung im Sinne einer körperschaftlichen Verfassung, die den Wechsel der Mitglieder zulässt. |
c) Vereinstypen
Rz. 4
Das Vereinsrecht unterscheidet:
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Idealvereine, deren Zweck nicht (ausschließlich) auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (§ 21 BGB) |
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Wirtschaftliche Vereine, die wirtschaftliche Zwecke verfolgen (§ 22 BGB) |
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Ausländische Vereine, die ihren Sitz nicht in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 23 BGB, § 15 VereinsG) |
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Ausländervereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (§ 14 VereinsG). |
Der Hauptanwendungsfall in der anwaltlichen Praxis ist der nicht wirtschaftliche Idealverein. Dieser verfolgt seine ideellen Satzungsziele und keine wirtschaftlichen Ziele. Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist aber zulässig, wenn diese dem nichtwirtschaftlichen Hauptzweck zu- und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung ist (sog. Nebenzweckprivileg) oder in einer Tochtergesellschaft ausgeübt wird, an der der Verein die Mehrheit hält. Die Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO hat Indizwirkung dafür, dass der Zweck nicht (ausschließlich oder überwiegend) auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und deshalb der Verein ein Idealverein im bürgerlich-rechtlichen Sinne ist, der im Vereinsregister eingetragen bleiben kann.
d) Rechtsfähigkeit
Rz. 5
Der Verein erlangt die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister, § 21 BGB, und führt dann den Zusatz "e.V.". Für nicht rechtsfähige Vereine (§ 54 BGB) gleich welchen Vereinstyps finden die Vorschriften über die Gesellschaft nach §§ 705 ff. BGB Anwendung. Gem. § 50 Abs. 2 ZPO hat der nicht rechtsfähige Verein die aktive und passive Parteifähigkeit.
e) Satzung und einzelne Satzungsinhalte
Rz. 6
Die Rechtsverhältnisse innerhalb des Vereins werden in Ausübung der Vereinsautonomie durch die Satzung bestimmt, soweit nicht zwingendes Recht nach §§ 25 ff. BGB eingreift. Bestimmte, in § 40 BGB genannte Bestimmungen sind satzungsdispositiv. Im Übrigen sind die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 21 ff. BGB zwingend. Die Satzung muss
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den Zweck, |
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den Namen |
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und den Sitz des Vereins enthalten |
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und erkennen lassen, dass der Verein eingetragen werden soll (§ 57 Abs. 1 BGB). |
Der Name soll sich dabei von den Namen der an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden (§ 57 Abs. 2 BGB). Darüber hinaus soll die Satzung Bestimmungen enthalten
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über den Eintritt und Austritt der Mitglieder, |
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ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind, |
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über die Bildung des Vorstands, |
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über die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, und |
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über die Form der Berufung und die Beurkundung der Beschlüsse (§ 58 BGB). |
Die Satzung zu beschließen und sie zu ändern ist Aufgabe der Mitgliederversammlung (§ 33 BGB). Die Satzung kann aber vorsehen, dass Satzungsänderungen durch ein anderes vereinsinternes Organ erfolgen können (§§ 40, 32, 33 BGB). Einem Vereinsfremden kann die Befugnis zur Änderung der Satzung allerdings nicht übertragen werden, also auch nicht dem beurkundenden Notar. Soll für den Verein die Gemeinnützigkeit beantragt werden, sind bei der Gestaltung die Maßgaben der AO zu beachten, siehe dazu Rdn 33.
Rz. 7
Der Vereinszweck muss ideell, also nicht wirtschaftlich sein. Die Gemeinnützigkeit setzt einen nach §§ 52, 43 AO privilegierten Zweck voraus, siehe dazu Rdn 33.