Rz. 11
I.S.d. § 90 Abs. 1 BVerfGG befugt, eine Verfassungsbeschwerde zu erheben, ist "jedermann", dh jeder, der Träger eines Grundrechts sein kann, auch inländische juristische Personen, Art. 19 Abs. 3 GG, zudem z.B. auch eine nicht rechtsfähige Personengruppe (GbR, OHG, KG) in Bezug auf Art. 14 GG und auf die Verfahrensgrundrechte aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, oder auch juristische Personen aus anderen EU-Mitgliedstaaten, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind, nicht aber sonstige ausländische juristische Personen. Mangels eigener Betroffenheit nicht beschwerdebefugt ist jedoch eine Personengesellschaft in Bezug auf eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung. Im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist eine Prozessstandschaft grundsätzlich unzulässig; "Parteien kraft Amtes" – wie Insolvenzverwalter – sind jedoch befugt, Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nicht befugt, eine Verfassungsbeschwerde einzulegen, sind dagegen grds. juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit auf sie die materiellen Grundrechte grds. nicht anwendbar sind, d.h. soweit sie öffentliche Aufgaben erfüllen; das gilt auch für staatlich und kommunal beherrschte inländische juristische Personen des Privatrechts, und auch dann, wenn diese keine öffentlichen Aufgaben wahrnehmen. Ausnahmsweise jedoch sind solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts grundrechts- und verfassungsbeschwerdefähig, die Bürgern (auch) bei der Verwirklichung ihrer individuellen Grundrechte dienen und die als eigenständige, vom Staat unabhängige oder jedenfalls distanzierte Einrichtungen bestehen, wenn sie also unmittelbar dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind, z.B. Kirchen, Universitäten, Rundfunkanstalten; dies trifft nicht auf Gemeinden zu. Ein Verbraucherschutzverein kann als Beschwerdeführer mit der an die Erfolglosigkeit seiner Verbandsklage anknüpfenden Verfassungsbeschwerde nicht die Verletzung von Grundrechten Dritter, z.B. die der Versicherungsnehmer, rügen. Jeder, der grundrechtsfähig ist, ist auch beteiligtenfähig. Prozessfähig ist, wer die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt, um die Rüge der Grundrechtsverletzung zu erheben. Erforderlichenfalls ist ein Betreuer oder Pfleger zu bestellen; der im fachgerichtlichen Sorgerechtsverfahren bestellte Verfahrensbeistand des Kindes ist befugt, Verfassungsbeschwerde einzulegen und eine Verletzung von Rechten des Kindes im eigenen Namen geltend zu machen. Eltern sind als gesetzliche Vertreter grds. für ihr Kind vertretungsberechtigt, jedoch nur gemeinsam, soweit ihnen das Sorgerecht nicht entzogen worden ist (§ 1629 Abs. 1 S. 1, 3 BGB); jedoch gilt dies dann nicht, wenn ein Widerstreit zwischen den Interessen der Eltern und denen des Kindes nicht auszuschließen ist, dann ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Bei juristischen Personen muss die Verfassungsbeschwerde grundsätzlich durch den gesetzlichen Vertreter eingelegt werden.
Eine Rechtsnachfolge im Verfassungsbeschwerdeverfahren kommt grds. nicht in Betracht, weil diese regelmäßig der Durchsetzung höchstpersönlicher Rechte dient. Ausnahmen sind im Hinblick auf solche Rügen zugelassen worden, die der Rechtsnachfolger im eigenen Interesse geltend machen kann. Erben können die Verfassungsbeschwerde nur fortführen, sofern das Ausgangsverfahren einen vermögenswerten Anspruch betrifft. Die Fortführung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens kann ausnahmsweise zulässig sein, um das objektive Verfassungsrecht zu wahren, auszulegen und fortzubilden, wenn die Sache allgemeine bzw. grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung hat.