Anforderungen an Nichtzulassungsbeschwerde verfassungswidrig

Auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts hat sich die Bundesrechtsanwaltskammer zu einem Verfassungsbeschwerdeverfahren geäußert, das die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu Anforderungen an Nichtzulassungsbeschwerden betrifft.

In dem der Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden Verfahren hatte die Beschwerdeführerin vor dem FG Düsseldorf gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2013 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid Klage erhoben. Der beiden Bescheiden zugrunde liegende Rechnungszinsfuß nach § 6 Abs 3 Satz 3 EStG sei mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Das FG wies die Klage ab.

Zur Begründung ihrer dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde setzte die Beschwerdeführerin sich u.a. mit einer Entscheidung des BVerfG auseinander, die eine Verzinsungsregelung für das Jahr 2013 betraf, und stellte die Unterschiede zu der in ihrem Fall anwendbaren Regelung heraus.

BFH zur Schlüssigkeit einer Verletzung des Gleichheitssatzes

Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurück. Er führte dazu u. a. aus, dass die Schlüssigkeit einer die Verletzung des Gleichheitssatzes betreffenden Rüge auch Darlegungen dazu erfordere, dass eine normverwerfende Entscheidung des BVerfG zu einer rückwirkenden Neuregelung des beanstandeten Gesetzes oder zumindest zu einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle führen werde; die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin habe diesen Anforderungen an die Schlüssigkeit der Rüge nicht entsprochen.

Dagegen richtet die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde, mit der sie geltend macht, diese (mit der ständigen Rechtsprechung des BFH übereinstimmende) Anforderung sei nicht mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar (Az des BVerfG 1 BvR 2267/23).

BRAK: Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt

Auf Anfrage des BVerfG hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sich mit den durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen der Handhabung von Darlegungserfordernissen bei der Rechtsmittelzulassung befasst ( Stellungnahme Nr. 51/2024). Sie teilt die Ansicht der Beschwerdeführerin, die erwähnte Rechtsprechung des BFH verletze das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.

Denn die Beurteilung der Frage, ob eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Vorschrift weiter anzuwenden ist, stehe allein dem BVerfG – nicht dem BFH – zu. Daher dürfe die Zulassung der Revision nicht von Darlegungen zu dieser Frage abhängig gemacht werden. Nach Ansicht der BRAK ist die Verfassungsbeschwerde daher insoweit begründet.

BRAK, Newsletter v. 7.8.2024
Schlagworte zum Thema:  Finanzgericht, Bundesfinanzhof (BFH)