Dr. Alexandra Jorzig, Ilse Dautert
Rz. 109
Umfassende Ausführungen zur Schadenshöhe sind nicht zweckmäßig, solange komplexe medizinische Sachverhalte hinsichtlich der Haftung ungeklärt sind. Hier genügt summarischer Vortrag zu den einzelnen Schadenspositionen, ggf. mit der Bitte um entsprechenden gerichtlichen Hinweis gem. § 139 ZPO, sofern weitergehender Sach- und Rechtsvortrag gewünscht bzw. erwartet wird.
(1) Schmerzensgeldantrag
Rz. 110
Auch auf der Grundlage der einschlägigen Entscheidungssammlungen ist es nicht immer möglich, einzelne Gesundheitsschädigungen unmittelbar zuzuordnen. Schmerzensgeldbeträge, Schmerzensgeld, Schmerzensgeldrecht ist Einzelfallrecht. Gerade wegen dieser Unwägbarkeit bietet es sich an, zunächst einen unbezifferten Schmerzensgeldantrag zu stellen (vgl. Rdn 53) und die erstrebte Größenordnung in der Klageschrift anzugeben und zu erläutern. Durch die Streitwertfestsetzung kann man ggf. erkennen, ob das Gericht den klägerischen Darlegungen folgt oder nicht. Wird der Schmerzensgeldantrag indes beziffert, riskiert man bei Zuerkennung des geforderten Schmerzensgeldantrags, dass mangels Beschwer die Berufung unzulässig ist, auch dann, wenn sich im weiteren Krankheitsverlauf herausstellt, dass der zunächst geforderte Mindestbetrag absolut untersetzt ist.
(2) Feststellungsantrag
Rz. 111
Nicht selten, insbesondere bei Großschäden, ist der Medizinschaden häufig noch in der Entwicklung begriffen und eine exakte Bezifferung kaum möglich. Gerade für diese Fälle hat die Rechtsprechung entschieden, dass der Feststellungsantrag für Vergangenheit und Zukunft zulässig ist. Eine Bezifferung des Vergangenheitsschadens ist trotz des grundsätzlichen Vorrangs der Leistungsklage zulässig, wenn der Schaden noch in der Entwicklung begriffen ist, der Anspruch nur teilweise bezifferbar ist oder unklar ist, ob ein Schaden zu erwarten ist.
In aller Regel genügen ein Antrag auf Schmerzensgeld und ein Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist, um sämtliche Ansprüche des Geschädigten aufgrund des laufenden Verfahrens vor dem Eintritt der Verjährung zu schützen. Zusätzlich für die Vergangenheit einen Leistungsantrag zu stellen bedeutet im Ergebnis auch einen für den Mandanten unnötig höheren Streitwert. Zur Klärung des Haftungsgrunds und zur Verjährung zur Verjährungsunterbrechung muss ein solcher Leistungsantrag nicht gestellt werden. Hier gilt: Der Anwalt hat im Zweifel den für den Mandanten günstigsten und sichersten Weg zu wählen.