Rz. 153

Der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen die gesetzliche Überlassungshöchstdauer stellt für den Verleiher eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 EUR geahndet werden kann (§ 16 Abs. 1 Nr. 1e, Abs. 2 AÜG). Ein Verstoß liegt aber dann nicht vor, wenn die längere Überlassung durch tarifliche oder betriebliche Regelungen nach § 1 Abs. 1b S. 3–8 AÜG gerechtfertigt ist.[354] Demgegenüber dürfte eine Ordnungswidrigkeit bei einem Verstoß gegen eine verkürzte Überlassungshöchstdauer wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes des Art. 103 Abs. 2 GG ausscheiden, weil in § 16 Abs. 1 Nr. 1e AÜG lediglich auf § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG verwiesen wird.[355] Ob der Leiharbeitnehmer eine Festhaltenserklärung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2 AÜG abgibt, ist für die Verwirklichung des Ordnungswidrigkeitentatbestands unerheblich.[356] Der Gesetzeswortlaut stellt ausschließlich auf den Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer ab. Für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 16 Abs. 1 Nr. 1e AÜG ist die Bundesagentur für Arbeit zuständig (§ 16 Abs. 3 AÜG). Ein Verstoß gegen die ab dem 1.4.2021 nach § 6a Abs. 3 GSA Fleisch in dem Bereich der Fleischwirtschaft geltende viermonatige Überlassungshöchstdauer (hierzu bereits oben Rdn 82) fällt nicht unter § 16 Abs. 1 Nr. 1e, sondern ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 GSA Fleisch für den Verleiher bußgeldbewehrt.

 

Rz. 154

 

Praxishinweis

Da für Abweichungen von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer die beim Entleiher geltenden tariflichen und/oder betrieblichen Regelungen maßgeblich sind, müssen diese dem Verleiher nicht zwingend bekannt sein. Um dem Vorwurf der Fahrlässigkeit zu entgehen, sollte sich der Verleiher vom Entleiher bestätigen lassen, ob und ggf. welche Abweichungen von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer für den Entleiherbetrieb gelten.

 

Rz. 155

Für den Entleiher ist der Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer nicht bußgeldbewehrt, solange sich die Mitwirkung auf ein bloßes Tätigwerden lassen des Leiharbeitnehmers beschränkt.[357] Anders ist dies bei der ab dem 1.4.2021 nach § 6a Abs. 3 GSA Fleisch geltenden Überlassungshöchstdauer in der Fleischwirtschaft (hierzu bereits oben Rdn 82). Hier ist ein Verstoß nach § 7 Abs. 2 Nr. 8 GSA Fleisch auch für den Entleiher bußgeldbewehrt.

[354] BT-Drucks 18/9232, 30; Thüsing/Kudlich, § 9 Rn 34d.
[355] BeckOK/Motz, § 16 AÜG Rn 33.
[356] BayObLG v. 22.1.2020 – 201 ObOWi 2474/19, NJW 2020, 1597; BeckOK/Motz, § 16 AÜG Rn 35; Schüren/Hamann/Diepenbrock, § 16 Rn 47.
[357] Vgl. zur sog. notwendigen Beteiligung HWK/Höpfner, § 16 AÜG Rn 13; Schüren/Hamann/Diepenbrock, § 16 Rn 32 m.w.N.

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