Dr. iur. Robert Bauer, Dr. iur. Oliver Bertram
Rz. 207
Seit dem 1.4.2017 ist gesetzlich geregelt, dass die Überlassung des Arbeitnehmers ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen ist. Dies ist nach § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG zunächst in dem Vertrag zwischen Entleiher und Verleiher vorzusehen.
Praxishinweis
Mit dieser Neuregelung schließt sich der Gesetzgeber der nach alter Rechtslage von einer Mindermeinung in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht an, dass es widersprüchlich sein soll, sich einerseits aufgrund des besonderen Schutzzweckes des AÜG und des Typenzwangs bei der Einordnung des Rechtsverhältnisses auf die tatsächliche Durchführung zu berufen, aber andererseits bei der Frage, ob eine nur vorsorglich eingeholte Arbeitnehmerüberlassung ausreichend ist, einen formalistischen Standpunkt einzunehmen. Dass die damit bezweckte Gleichsetzung der illegalen mit der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung nicht gerechtfertigt ist, hat Böhm sehr pointiert herausgestellt, indem er wörtlich formuliert:
Zitat
"Wer keine Erlaubnis hat, muss bei so genanntem drittbezogenem Personaleinsatz eine falsche Bezeichnung des Geschäfts wählen, um zu verschleiern, dass es illegal ist. Vor dieser Notwendigkeit steht ein Erlaubnisinhaber nicht. Fehlende oder falsche Bezeichnung können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG) oder in krassen Fällen zum Entzug der Erlaubnis führen. Den materiell-rechtlichen Charakter des Geschäfts beeinflussen sie nicht. Auch "verdeckte" Arbeitnehmerüberlassung ist Arbeitnehmerüberlassung."
Zudem hat sich der nicht offen Überlassende immerhin einer Zuverlässigkeitsüberprüfung durch die Erlaubnisbehörde unterzogen – im Gegensatz zu dem illegal überlassenden Dienstleister.
Rz. 208
§ 1 Abs. 1 S. 5 AÜG verlangt, dass die Offenlegung der Arbeitnehmerüberlassung in dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag erfolgt. Dies bedeutet auch, dass das gesetzliche Schriftformerfordernis nach § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG, §§ 126, 126a BGB zu beachten ist; ansonsten kann die Offenlegungspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG bereits aus formalen Gründen nicht gewahrt werden. Systematisch hätte der Gesetzgeber die Offenlegungspflicht daher nicht in § 1 AÜG, sondern in § 12 Abs. 1 AÜG verorten sollen. Erforderlich ist, dass der Vertrag wechselseitig von den Parteien unterzeichnet wird oder bei mehreren gleichlautenden Urkunden jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterschreibt oder die elektronische Form gewahrt wird.
Rz. 209
Zudem ist in dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass eine Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt werden soll. Dies kann in der Praxis am einfachsten durch die Kennzeichnung der Vereinbarung in der Überschrift als "Arbeitnehmerüberlassungsvertrag" (nicht: Kooperations-, Personalgestellungs- oder Dienstleistungsvertrag) geschehen. Ggf. kann zusätzlich festgelegt werden, dass die Vereinbarung die Rechte und Pflichten des Verleihers, der dem Entleiher Arbeitnehmer überlässt, und des Entleihers, der die vom Verleiher überlassenden Arbeitnehmer einsetzt und die dafür vereinbarte Vergütung an den Entleiher zahlt, regelt. Die Anforderungen an die ausdrückliche Bezeichnung der Arbeitnehmerüberlassung in dem Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher dürfen dabei allerdings nicht allzu hoch anzusetzen sein. Ausreichend ist, wenn sich die Bezeichnung "Arbeitnehmerüberlassung" in dem Vertrag wiederfindet bzw. der im Vertragstext vereinbarte Gegenstand als "Arbeitnehmerüberlassung" bezeichnet wird und/oder sich im Übrigen aus den vertraglichen Regelungen und deren Gesamtzusammenhang ergibt, dass eine solche durchgeführt werden soll; dies gilt jedenfalls, wenn sich die Parteien im Vertragstext nicht sprachlich von der Durchführung einer Arbeitnehmerüberlassung distanzieren.
Wesentlich ist dabei, dass die entsprechende schriftliche Offenlegung vor der Überlassung durch den Verleiher bzw. vor dem tatsächlichen Einsatzbeginn der überlassenen Leiharbeitnehmer bei dem Entleiher erfolgen muss. Es ist also nicht ausreichend, dass der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nach Beginn des Einsatzes von beiden Parteien oder auch nur von einer Partei – ggf. rückdatiert – unterzeichnet wird. Vielmehr muss der Vertrag durch die Wahrung der Schriftform wirksam geschlossen worden sein, bevor die Überlassung faktisch beginnt, wenn Verleiher und Entleiher die Offenlegungspflicht wahren wollen. Dies bedeutet gleichsam, dass der Vertrag nicht nur von den Beteiligten unterzeichnet worden sein muss, sondern dass die unterschriebene Vereinbarung der jeweils anderen Partei zudem zugegangen ist, also in der Regel im Original übergeben wurde. Für den Zugang gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen (§§ 130 ff. BGB). § 151 S. 1 BGB (Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung) findet ebenfalls Anwendung (s. dazu ergänzend Rdn 221).
Rz. 210
Letztlich dürfte die Beachtung der Offenlegungspflicht "reine" Zeitarbeitsunternehmen in der Praxis vor keine großen Herausf...