Dr. iur. Robert Bauer, Dr. iur. Oliver Bertram
Rz. 103
Die Regelung in § 1 Abs. 1b S. 2 AÜG verhält sich ausschließlich dazu, ob bei einer Unterbrechung vorherige Überlassungszeiten anzurechnen sind. Dem Gesetz lässt sich hingegen keine Aussage dazu entnehmen, wann von einer Unterbrechung der Überlassung auszugehen ist. Für die Überlassungshöchstdauer nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. machte das BAG dies davon abhängig, ob zwischen dem vorausgehenden und dem nachfolgenden Einsatz ein enger sachlicher Zusammenhang bestand. Es ist nicht ersichtlich, warum nunmehr im Rahmen von § 1 Abs. 1b S. 2 AÜG etwas anderes gelten solle. An einem sachlichen Zusammenhang fehlt es jedenfalls, wie sich aus der Gesetzessystematik ergibt, wenn der Leiharbeitnehmer tatsächlich länger als drei Monate am Stück nicht für den Entleiher tätig wird. Derartige Unterbrechungszeiten führen unabhängig von ihrem Grund zu einem Neubeginn der Fristberechnung. Darüber hinaus liegt eine Unterbrechung vor, wenn die Überlassung endet und der Leiharbeitnehmer für einen anderen Entleiher(betrieb) tätig wird oder vom Verleiher für eine Übergangszeit nicht eingesetzt wird. Zwar sind in einem solchen Fall bei einer erneuten Überlassung innerhalb des Drei-Monats-Zeitraums die Zeiten der vorherigen Überlassung auf die Überlassungshöchstdauer anzurechnen, die Unterbrechungszeiten als solche sind jedoch für die Berechnung der Überlassungshöchstdauer nicht maßgeblich. Legt man ein tatsächliches Verständnis der Überlassung zugrunde (hierzu oben Rdn 91), ist es auch für die Frage einer Unterbrechung allein maßgeblich, ob der Einsatz tatsächlich unterbrochen wird, und nicht, ob zusätzlich auch der Überlassungsvertrag beendet wird. Ob auch Abwesenheitszeiten wegen Urlaub oder Krankheit zu einer Unterbrechung führen (und sich somit die tatsächliche Einsatzzeit entsprechend verlängert), ist nicht eindeutig.
Rz. 104
Beispiel
Der Verleiher V und das Unternehmen U schließen einen Überlassungsvertrag über den Einsatz des Leiharbeitnehmers L für 18 Monate. Während des Überlassungszeitraums ist L für die Dauer von einem Monat am Stück arbeitsunfähig krank und nimmt insgesamt zwei Monate Urlaub. Es stellt sich die Frage, ob die ursprünglich 18-monatige Überlassungsdauer ohne Verstoß gegen die gesetzliche Überlassungshöchstdauer um die dreimonatige Abwesenheit des L wegen Urlaub und Krankheit verlängert werden kann.
Unter Zugrundelegung eines tatsächlichen Verständnisses der Überlassung (hierzu oben Rdn 91) läge es nahe, bei Abwesenheitszeiten wegen Urlaub oder Krankheit von einer Unterbrechung auszugehen. Das BAG hat für den Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Überlassungen von gewerblichen Arbeitnehmern in der Druckindustrie indes entschieden, dass Urlaubs- oder Krankheitszeiten eine Überlassung nicht unterbrechen. Eine Unterbrechung setze eine Beendigung des laufenden Einsatzes voraus. Auch wenn eine Übertragung der Entscheidung aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung von Überlassungshöchstdauer und Branchenzuschlägen nicht ohne Weiteres möglich ist, lässt sie dennoch erahnen, dass das BAG einer formellen Betrachtung zuneigt. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte daher bei derartigen Fällen die Überlassung sowohl tatsächlich wie auch rechtlich durch eine Beendigung des Überlassungsvertrags beendet werden.
Rz. 105
Selbst unter Zugrundelegung der vorgenannten Rechtsprechung dürfte indes davon auszugehen sein, dass bei einer Reduzierung der Arbeitszeit des Leiharbeitnehmers auf Null ("Kurzarbeit Null") der Einsatz des Leiharbeitnehmers unterbrochen wird. Aufgrund der nicht bestehenden Arbeitspflicht fehlt es an einer tatsächlichen Überlassung an den Entleiher. Insoweit besteht auch eine andere Ausgangslage als bei Urlaubs- oder Krankheitzeiten, die typische Begleiterscheinungen eines Arbeitsverhältnisses sind.