Rz. 82
Beispiel
A – E sind Erwerber und (werdende) Wohnungseigentümer mit einem Miteigentumsanteil von je 200/1.000 eines vom Bauträger errichteten Hauses mit Tiefgarage. Die Einfahrt zur Tiefgarage ist für übliche Mittelklasse-Pkw zu klein. D und E haben aus diesem und anderen Gründen hohe Einbehalte von der Bauträgervergütung vorgenommen. A verlangt vom Bauträger Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung (Verbreiterung der Einfahrt). Variante: Nach entsprechender Beschlussfassung macht die Gemeinschaft den Anspruch auf Kostenvorschuss geltend. Der Bauträger erklärt die Aufrechnung mit seinen restlichen Vergütungsansprüchen gegenüber D und E. – Zu Recht?
Rz. 83
Dem Bauträger fehlt infolge der Einbehalte durch D und E Geld in einer Größenordnung, das die Mangelbeseitigungskosten übersteigen kann. Aus seiner Sicht wäre es nur folgerichtig, den Miteigentümer A auf diese Einbehalte verweisen zu können, anstatt weiter in Vorleistung zu treten. Gleichwohl ist er dazu nicht berechtigt. Die von A geltend gemachten Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum stehen wegen ihrer Gemeinschaftsbezogenheit nämlich nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis mit den Zahlungsansprüchen des Bauträgers gegen D und E; es fehlt deshalb an der Aufrechnungslage. Daraus folgt: "Die Wohnungseigentümer dürfen Zahlung an den Verwalter (bzw. an die Gemeinschaft) fordern, ohne darauf verwiesen werden zu können, einzelne oder auch sämtliche Eigentümer schuldeten noch restliche Vergütung aus ihrem jeweiligen Vertrag mit dem Bauträger." In der Variante gilt nichts anderes: Am Inhalt der Mängelansprüche ändert sich dadurch, dass die Gemeinschaft sie als Prozessstandschafterin geltend macht, nichts. Umgekehrt gilt zumindest im Ausgangspunkt das Gleiche: Auch die Erwerber können nicht mit Ansprüchen wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums gegenüber der Vergütungsforderung des Bauträgers aufrechnen. Einzelheiten werden nachfolgend erörtert.
Rz. 84
Beispiel
Im obigen Beispielsfall (→ § 5 Rdn 82) will die Gemeinschaft zur Ersatzvornahme schreiten und dazu das von D und E einbehaltene Geld verwenden. Was ist zu tun?
Rz. 85
D und E müssen in die Lage versetzt werden, mit Zahlungsansprüchen wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum gegenüber dem Bauträger aufzurechnen und dadurch die gegen sie bestehenden Restforderungen des Bauträgers zum Erlöschen zu bringen; dann können sie das durch die Aufrechnung "gesparte" Geld an die Gemeinschaft auskehren. Die Gemeinschaftsbezogenheit der Mängelrechte steht aber auch hier der Aufrechnung zunächst entgegen: "Ein Erwerber kann gegen eine von ihm geschuldete restliche Vergütung nicht ohne weiteres mit einem auf Leistung an die Gemeinschaft gerichteten, nach den Mängelbeseitigungskosten berechneten Anspruch wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum aufrechnen." Eine Möglichkeit zur Lösung des Problems bestünde darin, dass D und E die Mangelbeseitigung beauftragen, bezahlen und anschließend mit ihrem jeweiligen Aufwendungsersatzanspruch aufrechnen. Einzelne Miteigentümer haben aber meistens kein gesteigertes Interesse an der Übernahme derartiger Aufgaben; außerdem fallen Arbeiten am Gemeinschaftseigentum grundsätzlich in die Zuständigkeit der Gemeinschaft (→ § 5 Rdn 40); das Zuständigkeitsproblem ließe sich aber dadurch beheben, dass zuvor ein entsprechender Zustimmungsbeschluss der Gemeinschaft gefasst wird. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass D und E per Beschluss der Eigentümergemeinschaft dazu ermächtigt werden, wegen der Mängel des Gemeinschaftseigentums Zahlung an sich zu verlangen, wodurch die Aufrechnungslage hergestellt wird. Die Eigentümer D und E können zur Mitwirkung (insbesondere in Bezug darauf, das von ihnen einbehaltene Geld der Gemeinschaft zur Mangelbeseitigung zur Verfügung zu stellen) aber nicht gezwungen werden, weshalb der folgende Musterbeschluss deren Zustimmung voraussetzt.
Rz. 86
Muster 5.5: Beschluss zur Ermächtigung einzelner Miteigentümer zur Geltendmachung gemeinschaftsbezogener Mängelrechte im eigenen Namen
Muster 5.5: Beschluss zur Ermächtigung einzelner Miteigentümer zur Geltendmachung gemeinschaftsbezogener Mängelrechte im eigenen Namen
[Zuerst: "Vergemeinschaftung" der Mängelrechte, soweit noch nicht geschehen]
Die Miteigentümer D und E werden ermächtigt, im eigenen Namen folgende Ansprüche gegen den Bauträger geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen [Ansprüche wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums, Ansprüche auf Kostenerstattung für bisherige gemeinschaftliche Rechtsverfolgung, usw.]. Die Ermächtigung wird für D in Höhe von 8.500 EUR, für E in Höhe von 12.000 EUR erteilt [einzusetzen sind die von D und E jeweils einbehaltenen Beträge]. Im Gegenzug verpflichten sich D und E, die vorgenannten Beträge (Einbehalte) an die Gemeinschaft zu bezahlen. Die Zahlungen sind 3 Wochen nach jeweiliger Eintragung als Wohnungseigentümer im Grundbuch fällig. D und E verpflichten sich, gegenüber dem Bauträger die Umschreibung des Eigentums (außergerichtlich und erforderl...