Rz. 188
§ 309 Nr. 8 lit. b ff BGB erklärt Vertragsbedingungen für unwirksam, durch die von der gesetzlichen Verjährungsfrist von Ansprüchen wegen Mängeln bei Kaufverträgen über neu hergestellte Bauwerke (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB) oder bei Werken, deren Leistungserfolg weder in der Herstellung oder Veränderung einer Sache besteht (§ 634 lit. a Abs. 1 Nr. 2 BGB), abgewichen wird oder bei allen sonstigen Ansprüchen aufgrund von Mängeln, wenn eine Verjährungsfrist von einem Jahr unterschritten wird. Damit ergänzt § 309 Nr. 8 lit. b ff BGB die Vorschrift des § 475 Abs. 2 BGB, die für eine Verjährungserleichterung von Mängelansprüchen bei einem Verbrauchsgüterkauf grundsätzlich eine Mindestfrist von zwei Jahren und für gebrauchte Sachen eine Mindestfrist von einem Jahr vorsieht.
Rz. 189
Durch das Klauselverbot erkennt der Gesetzgeber an, dass der Verwender bei bestimmten Vertragsarten ein Interesse daran haben kann, die gesetzliche Verjährungsfrist zu verkürzen, um zeitnah Klarheit über mögliche Mängelrechte des Verwenders zu erlangen.
Rz. 190
Mit der Regelung verfolgt der Gesetzesgeber deshalb das Ziel, einerseits dem Interesse des Verwenders gerecht zu werden, innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums Gewissheit über die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen zu erlangen, andererseits dem Vertragspartner eine einheitliche Mindestfrist von einem Jahr zu erhalten.
Rz. 191
Die Ausnahmen der §§ 438 Abs. 1 Nr. 2, 634 lit. a Abs. 1 Nr. 2 BGB sind deshalb gerechtfertigt, da im Anwendungsbereich dieser Vorschriften – d.h. bei Bauwerken – Mängel erfahrungsgemäß erst sehr spät auftreten können. In diesem Bereich ist deshalb jede Erleichterung der Verjährungsfrist unwirksam. Damit werden neben unmittelbaren Verkürzungen der Verjährungsfrist auch alle Vertragsbestimmungen erfasst, die sich mittelbar auf den Verjährungseintritt auswirken, indem sie zu einem früheren Verjährungseintritt beitragen.
Rz. 192
Durch die Anknüpfung in § 309 Nr. 8 lit. b ff 1. Hs. 2. Alt. BGB in allen sonstigen Fällen an den gesetzlich geregelten Beginn der Verjährung sind alle Bestimmungen unzulässig, die die Verjährung vor diesem Zeitpunkt beginnen lassen. Ob die Regelung damit auch alle mittelbaren Verkürzungen einer Verjährungsfrist erfassen soll, ist umstritten. Für das Verbot auch mittelbarer Verkürzungen spricht der Wortlaut des § 309 Nr. 8 lit. b ff 1. Hs. 2. Alt. BGB, der darauf abstellt, ob der Verwender durch seine Vertragsbedingung eine Verjährungsfrist von unter einem Jahr erreicht. Ein Erreichen dieser Wirkung tritt jedoch auch dann ein, wenn der Verwender die Verkürzungen der Verjährungsfrist durch mittelbare Maßnahmen herbeiführt.
Rz. 193
Der Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst Sach- und Rechtsmängel. Daneben gilt sie mittelbar auch für den Rücktritt und die Minderung, die zwar Gestaltungsrechte sind und damit an sich keiner Verjährung unterliegen, für die aber über die §§ 218 Abs. 1, 438 Abs. 4, 5, 634a Abs. 4, 5 BGB Entsprechendes gilt. Nicht erfasst wird dagegen die Verjährung von konkurrierenden deliktischen Ansprüchen, da deren Haftungstatbestand nicht auf das Bestehen eines Mangels abstellt.
Rz. 194
Soweit der Anwendungsbereich des § 309 Nr. 8 lit. b ff BGB nicht eröffnet ist, ist eine standardisierte Verjährungsverkürzung nach § 307 BGB auf ihre Angemessenheit hin zu untersuchen. Dies gilt insbesondere für den Verkauf von gebrauchten Sachen sowie die Verkürzung der Verjährung von Ansprüchen, die keine Mängelansprüche sind und/oder sich nicht auf Kauf- oder Werkverträge beziehen.
Rz. 195
Kaufmännischer Geschäftsverkehr: Gegenüber Unternehmern sind Vertragsbedingungen, die die Verjährungsfrist von Mängeln stärker verkürzen als es § 309 Nr. 8 lit. b ff BGB gegenüber Nichtkaufleuten gestattet, regelmäßig über § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Denn eine unangemessene Benachteiligung des Kaufmanns ergibt sich regelmäßig schon dann, wenn ihm die Verjährungsfrist für Mängelansprüche von seinem Lieferanten unter die Mindestfrist des § 309 Nr. 8 lit. b ff BGB gekürzt würde, er gleichwohl aber gegenüber seinem Vertragspartner eine Mindestfrist von einem Jahr einhalten müsste. Damit könnte der Hersteller das Risiko der Nacherfüllung auf den Händler verlagern, obwohl dieser mit der Mangelhaftigkeit der Sache vielfach nichts zu tun hat.