Rz. 25

In Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG heißt es, dass Besprechungen mit dem Auftraggeber die Terminsgebühr nicht auslösen. Im Gegensatz zu dem früheren § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO fehlt der Begriff des "Dritten", der seinerzeit in der Auslegung so große Schwierigkeiten gemacht hat.[23] Dem Auftraggeber kann sicher sein gesetzlicher Vertreter, wohl auch noch sein gewillkürter Vertreter gleichgestellt werden. Beiden wird in der Literatur oft der sogenannte Erklärungsbote gleichgestellt. Mit dem Erklärungsboten wird allerdings kaum jemand über Erledigung oder Vermeidung eines Gerichtsverfahrens verhandeln.

Es ist aber m.E. fatal, dass die alten Streitigkeiten – "Lagertheorie" – "Informationsbeschaffungstheorie" nicht beseitigt sind, sie vielmehr in der h.M. unverändert weiter leben.[24] Gerade weil das neue Gesetz der Vereinfachung dienen sollte und weil es den Ausdruck "Dritte" nicht mehr verwendet, ist davon auszugehen, dass mit "Auftraggeber" auch wirklich nur der Auftraggeber (und sein Vertreter) gemeint ist und keine sonstigen Personen, mögen sie nun in seinem Lager stehen oder nicht.[25] Jeder, den der Anwalt für geeignet hält, kommt in Frage. Der Kreis ist nicht auf die unmittelbar Prozessbeteiligten beschränkt. Er ist auch nicht auf nahe Angehörige des Gegners beschränkt.[26] Der Gesprächspartner muss weder der aktuelle noch der potentielle Verfahrensgegner sein.[27] Weitergehend sind auch sonstige Personen wie z.B. gemeinsame Respektspersonen der Ehegatten (Paten der Kinder, Trauzeugen usw.) einzubeziehen. Das Gespräch kann mit oder ohne Beteiligung des Gerichts stattfinden.[28]

[23] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV Vorb. 3 Rn 184 ff.: Gespräche mit einem Dritten genügen, wenn durch eine Vereinbarung mit dem Dritten eine Vermeidung oder Erledigung des Rechtstreits möglich ist.
[24] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV Vorb. 3 Rn 184, 187; für die Lagertheorie auch AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, VV Vorb. 3 Rn 147: Das Gespräch muss nicht unbedingt mit dem Gegner selbst, wohl aber mit jemandem aus dem gegnerischen Lager durch den Anwalt geführt werden. Das OLG Köln FamRZ 2013, 1062 hat in einer Umgangssache Verhandlungen mit dem Jugendamt als Verhandlungen mit einem "Dritten" anerkannt; ebenso AG Siegburg AGS 2012, 483 m. Anm. Thiel; str., a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV Vorb. 3 Rn 186 (keine Terminsgebühr bei einseitigem Gespräch mit dem Jugendamt).
[25] A.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV Vorb. 3 Rn 185 ff.; a.A. auch Hansens, RVGreport 2006, 241, 247, a.A. auch AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, VV Vorb. 3 Rn 145 ff., 147.
[26] Riedel/Sußbauer/Keller, VV Vorb. 3 Rn 48: Die gegnerische Haftpflichtversicherung, nahe Angehörige des Gegners sowie wichtige Teilhaber der gegnerischen Gesellschaft und Streithelfer sind eingeschlossen.
[27] Mayer/Kroiß/Mayer, VV Vorb. 3 Rn 48 ff., der zutreffend Zeugen und Sachverständige einbeziehen will; ebenso Mayer, Neue Justiz 2004, 490, 541. Ebenso Hartmann, VV 3104 Rn 14: Irgendein Dritter, auch Zeugen, Sachverständige, Behörden, Versicherungsgesellschaft; Hartmann (VV 3104 Rn 14) hält Berater des Mandanten für ungeeignete Gesprächspartner, akzeptiert aber jegliche sonstige Dritte. Dem gegenüber Enders, JurBüro 2004, 225, 250: Das Gesetz regelt nicht, mit wem der Anwalt ein solches Gespräch geführt haben muss. Ausgeschlossen sind nur Gericht und Mandant; ebenso Bischof, JurBüro 2004, 296, 299.
[28] AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, VV Vorb. 3 Rn 158 m.w.N. unter Hinweis auf die diesbezügliche Änderung des Wortlauts von VV Vorb. 3 Abs. 3.

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