Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 352
Der Streitwert soll nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in der Klage angegeben werden. Der Gegenstandswert folgt regelmäßig aus dem Forderungswert, z.B. eines eingeklagten Kaufpreises, der Bürgschaftsforderung oder des begehrten Schadensersatzes. Werden mehrere Ansprüche mit einer Endsumme geltend gemacht, z.B. rückständige Monatsmieten und ein Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Wohnung, ergibt sich der Streitwert aus diesen zusammenzurechnenden Werten. Bei mehreren Anträgen folgt der Streitwert desgleichen aus einer Addition der Werte der einzelnen Anträge.
Rz. 353
Schwieriger sind die Fälle, in denen sich der Streitwert nicht unmittelbar aus der Klageforderung ergibt, z.B. bei Auskunfts- und Feststellungsanträgen, unbezifferten Klageanträgen, Herausgabeanträgen usw.
Es gelten u.a. folgende wichtige Einzelheiten:
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Für die Wertberechnung und damit für die Kostenvorschusspflicht ist der Zeitpunkt der Einreichung der/des Klage/Antrags maßgebend. |
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Grundsätzlich setzt das Gericht den Wert nach freiem Ermessen fest, § 3 ZPO. |
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Bei unbezifferten Zahlungsanträgen sollte in der Klagebegründung eine Begehrensvorstellung geäußert werden (z.B.: "Der Kläger begehrt ein Schmerzensgeld von mindestens 3.000,00 EUR."). Diese Erklärung legt das Gericht dann – vorläufig – für die Wertberechnung zugrunde. |
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Eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist nicht anfechtbar, erst recht nicht, wenn damit nur der Zuständigkeitswert festgesetzt wird. |
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Bei einem Antrag auf Rechnungslegung ist das Interesse des Klägers an der Erleichterung der Begründung seines Zahlungsanspruchs maßgebend. Regelmäßig ist nur ein Bruchteil von 25 % des mutmaßlichen Zahlungsanspruchs ansetzbar. |
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Der Wert eines Rechts auf wiederkehrende Nutzungen/Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet (§ 9 S. 1 ZPO). Steht die Dauer des Bezugsrechts bereits fest, ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, allerdings nur, wenn dieser Betrag geringer ist als der dreieinhalbfache Wert (§ 9 S. 2 ZPO). |
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Streiten die Parteien um den Bestand oder die Dauer eines Mietvertrags, ist die Miete ausschlaggebend, welche auf die gesamte streitige Zeit entfällt. Ist das 25-fache des einjährigen Entgelts geringer, entscheidet dieser Betrag für die Wertberechnung, § 8 ZPO. Dasselbe gilt für Pachtverhältnisse. |
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Für einen Räumungsanspruch gilt der einjährige Nettomietzins für den Gebührenstreitwert, § 41 GKG; für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert gilt der 3,5-fache Wert, §§ 8, 9 ZPO. |
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Bei Herausgabeansprüchen bemisst sich der Streitwert nach dem Sachwert. Wenn es sich um ein Wertpapier handelt, ist der Wert des verbrieften Rechts ausschlaggebend, z.B. der Kurswert einer Aktie zur Zeit der Antragstellung. |
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Bei einer Sicherstellung oder einem Pfandrecht ist der Sachwert bestimmend, soweit es auf den Besitz ankommt; im Übrigen der Forderungsbetrag, falls es auf die Sicherstellung/das Pfandrecht ankommt, § 6 ZPO. Ist der Gegenstand des Pfandrechts geringwertiger, wird der Wert des Gegenstands zugrunde gelegt. |
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Bei einem Auskunftsanspruch hängt der Wert vom Interesse der klagenden Partei an der Auskunftserteilung ab. Regelmäßig beträgt er einen Bruchteil des Anspruchs, dessen Geltendmachung die Auskunft erleichtern soll, meist zwischen 10 und 25 % der Forderung. |
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Bei einem positiven Feststellungsantrag sind meist 20 % vom Wert der Forderung, auf welche sich die Feststellung bezieht, abzuziehen. Bei einer negativen Feststellungsklage ist demgegenüber der volle Wert in Ansatz zu bringen. |
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Zinsen sind als Nebenforderung (§ 4 ZPO) bei der Wertberechnung nicht zu berücksichtigen, es sei denn, sie werden kapitalisiert als Hauptforderung geltend gemacht. |
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Außergerichtlich entstandene Kosten, insbesondere also Anwaltskosten, die von dem Rechtsanwalt als nicht anrechenbare Anwaltskosten mit eingeklagt werden, erhöhen als Nebenforderung den Streitwert ebenfalls nicht. |
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Auch Nutzungen und Früchte sind bei der Wertberechnung irrelevant. Früchte sind Erzeugnisse einer Sache oder eine sonstige Ausbeute. Dazu gehören auch Erträge eines Rechts, z.B. eines Nießbrauchs oder eines Pachtrechts. Nutzungen umfassen daneben auch Gebrauchsvorteile, wie z.B. die eines Wohnungseigentümers. |
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Der Gegenstandswert für eine Zutrittsklage eines Strom-, Gas-, Wasserversorgers auf Duldung einer Zählersperrung wegen ausstehender Zahlungen bemisst sich nach dem 6-fachen Monatsbeitrag der festgesetzten Vorauszahlungen des Kunden. |
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In Beschlussanfechtungsverfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz kommt es auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an; der Streitwert darf das 7,5fache Interesse der klagenden Partei und den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen (§ 49 GKG). |
Rz. 354
Steht der Streitwert fest, lassen sich aus der Tabelle im Anhang zur Anlage 1 zu § 34 Abs. 1 GKG die Gerichtskosten ablesen.