Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 395
Der Anspruch und der Grund sind gemäß §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO in der Antragsschrift darzustellen und zusätzlich glaubhaft zu machen. Eine Ausnahme besteht, wenn der Antragsteller wegen der dem Gegner drohenden Nachteile Sicherheit geleistet hat. Abweichungen von der Glaubhaftmachung bestehen nach bestimmten Sondervorschriften (u.a.: in Bezug auf eine Vormerkung im Grundbuch, bei Verstößen gegen das UWG oder das UrhG).
Rz. 396
Zur Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO dienen:
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die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers oder von Zeugen, diese beginnen mit der Einleitung: "Die strafrechtlichen Folgen einer falschen Versicherung an Eides statt sind mir bekannt. Ich erkläre Folgendes an Eides statt: […].", |
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schriftliche Erklärungen von Zeugen, § 377 Abs. 3 ZPO, |
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präsente Urkunden, auch unbeglaubigte Kopien oder Abschriften von Urkunden, |
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gescannte öffentliche Urkunden nach § 371b ZPO, |
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präsente elektronische Dokumente nach § 371a ZPO, |
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Privatgutachten, |
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Bezugnahme auf dem Gericht sofort verfügbare Akten, |
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die sofort mögliche Inaugenscheinnahme, z.B. in Fotos. |
Rz. 397
Die eidesstattliche Versicherung bedarf grundsätzlich keiner besonderen prozessualen Form. Sie kann – sofern gesetzlich nicht anders bestimmt, z.B. § 802c Abs. 3 S. 2 ZPO – auch mündlich oder schriftlich erklärt werden.
Auch mit der Geltung des zum 1.1.2022 in Kraft getretenen § 130d ZPO bleibt es möglich, eidesstattliche Versicherungen schriftlich einzureichen, weil es sich um Mittel zur Glaubhaftmachung handelt, für die § 130a ZPO nicht gilt. Mit einer Einreichung per Post tritt jedoch eine Zeitverzögerung und ein Medienbruch ein.
Es kann einen praktikablen Weg darstellen, dass der Rechtsanwalt seinem Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine digitale Kopie der eidesstattlichen Versicherung anhängt und versichert, dass ihm die eidesstattliche Versicherung schriftlich vorliegt – zusammen mit der Ankündigung, diese bei Bedarf sofort vorzulegen ("Glaubhaftmachungskette"). Dies dürfte zur hinreichenden richterlichen Überzeugungsbildung ausreichen, weil Entscheidungen in Eilverfahren ohnehin im Ansatz auf einer summarischen Prüfung beruhen.
Alternativ kann die eidesstattliche Versicherung des Mandanten (oder eines Dritten) vollelektronisch eingereicht werden, sodass das Gericht die Urheberschaft des Ausstellers selbst prüfen kann. Der Mandant müsste seine Erklärung (z.B. mittels eines Fernsignaturanbieters) qualifiziert elektronisch signieren. Dieses qualifiziert elektronisch signierte PDF-Dokument kann der Rechtsanwalt mit dem Antrag im einstweiligen Rechtsschutz einreichen.
Zudem könnte der Mandant (oder ein Dritter) seine eidesstattliche Versicherung in einem zulässigen PDF-Format selbst elektronisch übermitteln ("kollektiv-elektronische Übermittlung").
Rz. 398
Der Antragsgegner muss die Möglichkeit haben, sich zu äußern:
Zitat
"Auch wenn über Verfügungsanträge in äußerungsrechtlichen Angelegenheiten angesichts der Eilbedürftigkeit nicht selten zunächst ohne mündliche Verhandlung entschieden werden muss, berechtigt dies das Gericht nicht dazu, die Gegenseite bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag aus dem Verfahren herauszuhalten. Eine stattgebende Entscheidung über den Verfügungsantrag kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag und weiteren an das Gericht gerichteten Schriftsätzen geltend gemachte Vorbringen zu erwidern."
Findet eine mündliche Verhandlung statt, sollte die Partei unbedingt persönlich erscheinen und wichtige Zeugen sistieren, weil das Gericht keine Zeugen lädt. In der Verhandlung können dann noch eventuelle Lücken in der Glaubhaftmachung geschlossen werden. Außerdem wird der Gefahr entgegengewirkt, dass nur der Antragsgegner Zeugen mitbringt und auf diese Weise seinen Vortrag zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft macht. Ein non liquet würde zulasten der antragstellenden Partei gehen.