Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 217
Der Schreibstil ist sachlich. Das Gebot der Sachlichkeit gehört zu den anwaltlichen Grundpflichten. Beleidigungen, Drohungen, Schmähungen und Verleumdungen – gar gegen das Gericht – gehören grundsätzlich nicht in einen anwaltlichen Schriftsatz. Herabsetzende persönliche Angriffe sind zu unterlassen, denn solche tragen zur Rechtsfindung oder zur Förderung der Mandanteninteressen nichts bei. Sie verstoßen auch dann gegen die Gebote der Mäßigung, der Distanz zur Sache und des Respekts vor Jedermann, selbst wenn – subjektiv empfunden – andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf Anlass dazu gegeben haben. Dabei sind allerdings Fehlgriffe im mündlichen Diskurs eher entschuldbar als solche im schriftlichen Vortrag. Als Organ der Rechtspflege sollte ein Rechtsanwalt sich nicht von einer etwaigen Emotionalität seines Mandanten anstecken lassen und den Vortrag auch im Rahmen der Interessenvertretung gefiltert auf die notwendige Sachlichkeit zurückführen.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht bei zwei Fallgruppen sogar keinen vom Rechtsanwalt verantworteten Sachvortrag, was in Prozessen mit Anwaltszwang dazu führen kann, dass entsprechendes Vorbringen nicht berücksichtigt wird:
1. |
Der Anwalt distanziert sich durch einen Zusatz von bestimmtem Vorbringen im Schriftsatz ("Der Kläger legt gesteigerten Wert auf…" oder "Der Beklagte wünscht ausdrücklich, dass Folgendes vorgetragen wird: …"). |
2. |
Der Anwalt lässt sich vom Mandanten einen Schriftsatzentwurf vorbereiten, übernimmt die Ausführungen auf das eigene Briefpapier und versendet den Schriftsatz per beA ohne eigene Prüfung, also unbesehen. |
Ein guter Schriftsatz ist verständlich. Verständlichkeit zeigt sich auch darin, dass die Sätze kurz sind, dass es Absätze gibt und dass der Schriftsatz klar gegliedert ist, sodass der Leser weiß, warum der Anwalt jetzt gerade dieses oder jenes ausführt. Am besten gelingt das, wenn der Anwalt durchgängig deutlich macht, bezüglich welcher gesetzlichen Tatbestandsmerkmale er gerade deren Vorliegen bzw. Nichtvorliegen ausführt. Kompetente Rechtsanwälte achten deshalb auf eine annehmbare äußere Form und eine einwandfreie Lesbarkeit ihres Schriftsatzes (dazu gehören freilich ein angemessener Zeilenabstand und eine angemessene Schriftgröße). Aufdringlich wirken hingegen Unterstreichungen, Fettdruck, Kursivschrift und Ausrufezeichen. Natürlich ist es sachgerecht, wenn in einem Schriftsatz einmal ein Wort durch eine Hervorhebung betont wird, wenn dies dem Verständnis dient oder wenn wörtliche Zitate kursiv gesetzt werden. Wenn aber ein Rechtsanwalt Unterstreichungen, Fettdruck, Kursivschrift und Ausrufezeichen benutzt, um dem Gericht klarzumachen, dass diese oder jene Ausführung besonders wichtig sei, disqualifiziert er sich damit letztendlich selbst, weil er dem Gericht unterstellt, nicht selbst erkennen zu können, was streitentscheidend ist.