Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 82
Der Antragsgegner kann gegen den Mahnbescheid oder Teile davon schriftlich Widerspruch einlegen, §§ 694, 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Ein Widerspruch ist unbedingt einzulegen, soweit die geltend gemachte Forderung wegen zwischenzeitlicher Zahlung erloschen ist. Der Widerspruch kann auch auf die Nebenforderungen, beispielsweise auf die behaupteten vorgerichtlichen Auslagen oder den verlangten Zinssatz begrenzt werden. Er kann auch unter Anerkennung des geltend gemachten Anspruchs nur auf die Kosten beschränkt werden mit der Begründung, dass zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung kein Anlass bestanden habe (dann ist § 93 ZPO anwendbar). Der Widerspruch gegen einen Urkundenmahnbescheid kann darauf beschränkt werden, dem Antragsgegner die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten, § 703a Abs. 2 Nr. 4 ZPO.
Ab dem 1.1.2020 wurde die Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr nochmals erweitert. Rechtsanwälte dürfen Widersprüche gegen einen Mahnbescheid nur noch in maschinenlesbarer Form an das Gericht übermitteln. Entsprechende Papiervordrucke dürfen von Rechtsanwälten nicht mehr genutzt werden; ihre Nutzung würde zu einem formunwirksamen Widerspruch führen, § 702 Abs. 2 ZPO.
Rz. 83
Macht der Antragsteller geltend, dass der Anlass zur Einreichung des Mahnantrags vor Rechtshängigkeit entfallen sei und dass er deswegen den Mahnantrag zurückgenommen habe, § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, muss das für das streitige Verfahren zuständige Gericht über die Kosten des Mahnverfahrens nach Abgabe entscheiden.
Rz. 84
Die zweiwöchige Widerspruchsfrist beginnt ab der Zustellung des Mahnbescheids zu laufen. Der Widerspruch gegen den Mahnbescheid des Arbeitsgerichts ist innerhalb einer Woche einzulegen, § 46a Abs. 1 und 3 ArbGG. Ein später eingehender Widerspruch hat dieselbe Wirkung, wenn das Amts- bzw. das Arbeitsgericht noch keinen Vollstreckungsbescheid verfügt hat. Ansonsten wertet das Mahngericht den Widerspruch als Einspruch gegen den bereits ergangenen Vollstreckungsbescheid, § 694 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Rz. 85
Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erforderlich. Sollte die Forderung zu Recht erhoben worden sein, ist vom Rechtsanwalt, der den Schuldner vertritt, abzuklären, ob ein Widerspruch dennoch lohnenswert ist. Dies könnte der Fall sein, wenn sich der Mandant im Rahmen eines nachfolgenden, streitigen Prozesses berechtigte Hoffnungen auf eine vergleichsweise Einigung der Parteien macht und auch unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten ein wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis erzielt werden kann. Auch wenn eine Verhinderung der sofortigen Vollstreckbarkeit im Interesse des Mandanten liegt, kommt ein Widerspruch in Betracht.
Rz. 86
Widerspricht der Antragsgegner dem Mahnbescheid nicht, sollte der Gläubiger nach Ablauf der Widerspruchsfrist beim Gericht den Erlass des Vollstreckungsbescheids beantragen. Anders als beim Mahnbescheid ist eine öffentliche Zustellung beim Vollstreckungsbescheid möglich, speziell wenn der Antragsgegner inzwischen unbekannten Aufenthalts ist, § 185 ZPO. Das Amtsgericht erlässt den Vollstreckungsbescheid auf der Grundlage des nicht angefochtenen Mahnbescheids, § 699 Abs. 1 S. 1 ZPO. Zu erklären ist, ob und welche Zahlungen inzwischen auf die per Mahnbescheid geltend gemachte Forderung geleistet worden sind, § 699 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 ZPO. Keineswegs darf die Angelegenheit länger als sechs Monate ruhen, denn dann fällt die Wirkung des Mahnbescheids weg, § 701 S. 1 ZPO.