Dr. Michael Pießkalla, Gesine Reisert
Rz. 4
Der Begriff "Eignung" ist in § 2 Abs. 4 S. 1 StVG geregelt. Diese Vorschrift lautet:
Zitat
"Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat."
Rz. 5
In der Literatur wird kritisiert, dass es nach wie vor trotz der gesetzlichen Neuregelungen an einer Präzisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs fehlt. Himmelreich/Janker deuten die gesetzliche Regelung als Definition des Begriffs "Eignung". Oft kommt man aber mit einer negativen Definition weiter: Ungeeignet ist, wer körperlich, geistig oder charakterlich nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug ohne Gefährdung anderer zu führen.
Rz. 6
In § 2 Abs. 2 Nr. 3 StVG wird die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gesehen. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG ist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis positiv die Eignung erforderlich.
In § 2 Abs. 4 StVG wird derjenige für geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gehalten, der die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.
Die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) unterscheidet dabei zwischen der körperlichen und geistigen sowie der sog. "charakterlichen Eignung". Während sich die körperliche/geistige Eignung mit Krankheiten oder Mängeln (wie z.B. Sehhilfen, Bewegungseinschränkungen) beschäftigt, liegen der Überprüfung der charakterlichen Eignung insbesondere Verstöße gegen verkehrsrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen zugrunde, die Zweifel an der (Kraft-)Fahreignung begründen können:
Rz. 7
Soweit der Bewerber aufgrund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, wird die Fahrerlaubnis allerdings ggf. mit Beschränkungen oder unter Auflagen erteilt – man spricht von bedingter Eignung.
Rz. 8
In § 2 Abs. 7 StVG schließlich wird der Fahrerlaubnisbehörde aufgegeben, zu ermitteln, ob der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Die Behörde erfährt mit § 2 Abs. 8 StVG schließlich, welche bestimmten Maßnahmen beim Auftreten von Eignungszweifeln ergriffen werden können.
Weitere Auslegungshilfen lassen sich schließlich in den §§ 11–14 FeV bzw. deren Anlagen 4, 5, 6, 14 und 15 sowie in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung finden. Letztere sind im Rahmen der Beratung des Mandanten, sollten Beeinträchtigungen vorliegen, von großer praktischer Bedeutung.
Der allgemeine Teil der Leitlinien enthält grundsätzliche Beurteilungshinweise sowie die Anforderungen an die psychische Leistungsfähigkeit und die Möglichkeiten der Kompensation von Mängeln.
Im speziellen Teil werden körperliche und geistige Krankheiten und Mängel aufgeführt, die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit beim Führen eines Kraftfahrzeugs haben, und somit die Sicherheit im Straßenverkehr gefährden können und damit die ggfls. fehlende oder nur eingeschränkte Eignung beschreiben.
Rz. 9
Eignungsbedenken liegen vor, wenn – auf der Grundlage von Tatsachen – Eignungsmängel mindestens naheliegend erscheinen. Bloße Vermutungen reichen insoweit nicht, d.h. Untersuchungsmaßnahmen dürfen nicht "ins Blaue hinein" verlangt werden, auch nicht allein aufgrund anonymer Hinweise. Eine reine Ausforschung kommt nicht in Betracht. Die Behörde ist berechtigt, beim Fahreignungsregister und anderen Datenbanken Anfragen zu stellen (§ 2 Abs. 7 S. 2 u. 3 StVG) oder auch Abschriften von Strafurteilen anzufordern wie auch Informationen der Polizei nach § 2 Abs. 12 S. 1 StVG auszuwerten, sofern auf Eignungsmängel zu schließen ist. In der Anlage 4 sind Erkrankungen aufgeführt, die im Regelfall entweder eignungsausschließend sind oder Eignungsbedenken begründen. Dabei ist zu beachten, dass diese Auflistung nicht abschließend ist. Auch z.B. Magersucht kann eignungsrelevant sein. Ein einfaches Aufmerksamkeits-Defizitsyndrom hat hingegen keine Relevanz für die Fahreignung, solange es nicht zu typischem Fehlverhalten im Straßenverkehr kommt. Die Eignungsbedenken können z.B. durch ungewöhnliche Unfallverläufe, Informationen über eignungsrelevante Krankheiten oder Medikationen entstehen. Ebenso kann ein Suizidversuch die psychische Eignung beeinträchtigen.
Rz. 10
Hinweis
Da das Verwaltungsverfahren eine gänzlich andere Schutzrichtung verfolgt als das Strafverfahren, sind Beweisverwertungsverbote angesichts des überwiegenden öffentlichen Interesses kein probates Verteidigungsmittel.
Wichtig ist bei Vorliegen einer Erkrankung dennoch, dass im Einzelfall auch beim Vorliegen grundsätzlich eignungsrelevanter Mängel mittels eines verkehrsmedizinischen Sachverständigengutachtens nachgewiesen werden kann, dass im Einzelfall Zweifel an der Eignung nicht begründet sind; hier ist dem Mandanten frühzeitig anzuraten, sich um entsprechende...