Dr. Michael Pießkalla, Gesine Reisert
Rz. 64
Rechtsgrundlagen für die Eignungsprüfung sind die §§ 11 und 46 FeV sowie Anlage 4 zur FeV. Diese Regelungen haben eine ausreichend bestimmte Grundlage i.S.v. Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG.
Bei der Klärung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist zu unterscheiden nach der Art der Drogen, der Menge der Gewöhnung und der Fähigkeit zur Trennung zwischen Führen eines Kraftfahrzeuges unter Einnahme von Drogen.
1. Cannabis-Konsum
Rz. 65
Cannabiskonsum – auch regelmäßiger – beeinträchtigt die Fahreignung nicht, solange keine Abhängigkeit (vgl. Nr. 9.2.3 Anlage 4 zur FeV) und kein Missbrauch (Nr. 9.2.1, 9.2.2 Anlage 4 zur FeV) vorliegt. Auf die von der früheren Rechtsprechung festgelegte Abgrenzung zwischen gelegentlichem und regelmäßigem Konsum kommt es daher nicht mehr an.
Von Missbrauch ist in Anlehnung an die ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung zu fehlendem Trennungsvermögen auszugehen, wenn ein Kraftfahrzeug in einem Zustand, der die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, geführt wird. Nach dem neu eingeführten § 24a Abs. 1a StVG ist das der Fall, wenn ein Fahrzeug mit einem THC-Spiegel (Blutserum) von 3,5 ng/ml oder mehr geführt wird. Ordnungswidrig handelt ferner (§ 24a Abs. 2 S. 1 StVG), wer als Führer eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr 3,5 ng/ml oder mehr Tetrahydrocannabinol im Blutserum hat und ein alkoholisches Getränk zu sich nimmt oder die Fahrt antritt, obwohl er unter der Wirkung eines alkoholischen Getränks steht. Wird eine Atem- oder Blutprobe vom Betroffenen genommen, ist dabei nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand von einer "Alkoholwirkung" i.S.d. § 24a Abs. 2a StVG wie auch schon beim § 24c StVG erst ab einem Wert von 0,2 Promille Alkohol im Blut oder 0,1 mg/l Alkohol in der Atemluft auszugehen, um Messunsicherheiten und endogenen Alkohol auszuschließen. Für Fahranfänger gilt ein vollständiges Cannabisverbot (§ 24c Abs. 1 Nr. 2 StVG). Hingegen wird die ärztlich verordnete Einnahme nicht sanktioniert (§ 24a Abs. 4, § 24c Abs. 3 StVG); dies gilt auch für Fahranfänger.
Vor dem Hintergrund der inzwischen auch medikamentös zulässigen Gabe von THC sei noch ausgeführt, dass bei der Einnahme eines cannabishaltigen Medikaments zu Therapiezwecken im Einzelfall die Eignungsüberprüfung zu einem positiven Ergebnis führen kann.
2. Die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG
Rz. 66
Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV erfasst alle Betäubungsmittel, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen liegt vor bei nachgewiesener Einnahme dieser Stoffe, wobei ein einmaliger Konsum (selbst wenn kein Zusammenhang zum Straßenverkehr besteht) ausreichend ist. Nach der Rechtsprechung ist Ungeeignetheit gegeben schon nach einmaligem Konsum harter Drogen, etwa Amphetamin.
Anzusprechen ist auch die Problematik der Einnahme "ungewöhnlicher Drogen", etwa Khat.
Rz. 67
In die Kategorie der harten Drogen fallen ebenfalls psychoaktiv wirkende Stoffe: Unter einer psychotropen Substanz versteht man einen die Psyche des Menschen beeinflussenden Stoff. Man spricht auch von einer psychoaktiven Substanz oder einem Psychotropikum: Neben den bekannten biogenen Drogen wie Psilocybin (Pilze), Mescalin, LSA (Holzrose), Bilsenkraut, Engelstrompete, Stechapfel, Tollkirsche, Fliegenpilz, Aga-Aga-Kröte werden immer häufiger Designerdrogen (Legal Highs) konsumiert. Diese fallen nicht notwendig unter das Betäubungsmittelgesetz, womit eine Sanktion nur dann nach Anlage 4 Nr. 9.4 möglich ist, wenn beim Konsum dieser Stoffe eine "missbräuchliche Einnahme" vorliegt.
Die "missbräuchliche Einnahme" ist in der Anlage 4 Nr. 9.4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung als "regelmäßiger übermäßiger Gebrauch" definiert. Der mehr als einmalige Konsum reicht bereits für die mangelnde Eignung aus, da ansonsten eine spezielle Erläuterung unter Nr. 9.4 der Anlage 4 nicht erforderlich gewesen wäre. Folgerichtig ist die Fahrerlaubnis nach § 46 Abs. 1 FV zu entziehen bzw. eine Fahrberechtigung nach § 3 zu untersagen. Damit fallen alle sogenannten Legal Highs, die nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen (z.B. synthetische Cannabinoide), automatisch unter den Begriff der psychoaktiv wirkenden Stoffe nach der Fahrerlaubnis-Verordnung und somit unter die Regelungen des Abs. 1 Nr. 3.
Die Zuordnung einer Überprüfungsmaßnahme bei Besitz von Legal Highs ist noch nicht abschließend geklärt: Während Abs. 1 S. 2 die Anordnung eines ärztliches Gutachtens alleine schon beim Besitz von Drogen nach dem Betäubungsmittelgesetz ermöglicht, müssen in Abs. 1 S. 1 bei psychoaktiv wirkenden Stoffen Tatsachen auf eine missbräuchliche Einna...