Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Antragserfordernis
Rz. 11
§ 51 Abs. 1 FamFG bestimmt, dass einstweilige Anordnungen nur auf Antrag erlassen werden, wenn auch ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann.
Der Antrag ist bei einer beabsichtigten einstweiligen Anordnung auf Leistung (z.B. Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt oder Unterhalt des betreuenden nicht verheirateten Elternteils, § 1615l BGB) auf einen genau bestimmten Inhalt (Leistungsantrag) auszurichten.
In den einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 51 Abs. 1 FamFG wird, da Unabhängigkeit von dem Hauptverfahren besteht, nicht automatisch ein Hauptsachverfahren eingeleitet.
Rz. 12
Gem. § 52 Abs. 2 FamFG kann allerdings der von der einstweiligen Anordnung Betroffene den Antrag stellen, anzuordnen, dass dem Beteiligten, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, aufgegeben wird, binnen einer zu bestimmenden Frist Antrag auf Einleitung des Hauptsacheverfahrens (ggf. auch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren) zu stellen. Diese Frist darf drei Monate nicht überschreiten (§ 52 Abs. 2 S. 2 FamFG).
Wird der aus der einstweiligen Anordnung Begünstigte trotz dieser Fristsetzung des Gerichts in Form der Einleitung eines Hauptsacheverfahrens nicht tätig, ist – dies wiederum auf Antrag – die einstweilige Anordnung aufzuheben (§ 52 Abs. 2 S. 3 FamFG).
Rz. 13
Aus dem Umkehrschluss zur Regelung in § 51 Abs. 1 S. 1 ergibt sich, dass in Amtsverfahren, also den Verfahren, in denen das Gericht von Amts wegen tätig wird und ein Hauptsacheverfahren führen kann, demgemäß auch ohne Antrag einstweilige Anordnungen erlassen werden können. Von Amts wegen eingeleitet werden kann ein Verfahren aber nur dann, wenn die gesetzlichen Regelungen einen verfahrenseinleitenden Antrag nicht voraussetzen.
Ergeht eine solche einstweilige Anordnung, kann seitens eines Beteiligten die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens beantragt werden. Dem hat das Gericht nachzukommen.
b) Begründungspflicht
Rz. 14
Den Antragsteller trifft gem. § 51 Abs. 1 S. 2 FamFG, die Verpflichtung, den Antrag sorgfältig zu begründen. Die Familiengerichte dürften hierauf besonderen Wert auch deshalb legen, weil mit dem Erlass der einstweiligen Anordnung insbesondere dann, wenn Gebote oder Verbote ausgesprochen oder Zahlungspflichten begründet werden, beim jeweiligen Betroffenen in seinen Rechtskreis erheblich eingegriffen wird und insbesondere dann, wenn ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig ist, mit einer schnellen und zügigen Klärung kaum zu rechnen ist (siehe die Fristen in § 52 Abs. 2 S. 2 FamFG).
c) Glaubhaftmachung
Rz. 15
Es besteht die Verpflichtung zur Glaubhaftmachung. Zwar wird die Glaubhaftmachung für FGG-Familiensachen in § 31 FamFG geregelt, während für Familienstreitsachen über § 113 Abs. 1 FamFG auf die ZPO-Regelungen (folglich auf § 294 ZPO) verwiesen wird. Letztlich bleibt es allerdings bei den bisher schon geltenden grundsätzlichen Regelungen, wonach Beweismittel jeder Art zugelassen sind. Hierzu gehören
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eidesstattliche Erklärungen der Beteiligten (Antragsteller/Antragsgegner) wobei die eigene Sachdarstellung und nicht nur die bloße Bezugnahme auf den Anwaltsschriftsatz wichtig ist; |
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die eidesstattliche Erklärung des gesetzlichen Vertreters einer Partei oder anderer Verfahrensbeteiligter (z.B. anwaltliche Versicherung); |
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behördliche Auskünfte, mündlich erteilte Auskünfte beteiligter Personen (Zeugen, Sachverständige), wobei der gesamte Inhalt der erteilten Auskünfte dem Gericht und den Parteien mitgeteilt werden muss; |
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beglaubigte aber auch unbeglaubigte Fotokopien von Urkunden; |
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Bescheinigungen von Privatpersonen (z.B. Arztatteste) oder von Behörden; |
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Beiziehung von Akten anderer Verfahren auch ohne nähere Bezugnahme der jeweiligen Stelle innerhalb der Akte; |
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schriftliche Zeugenaussagen, wobei die Versicherung der Richtigkeit an Eides statt den Beweiswert innerhalb der richterlichen Beweiswürdigung erhöht; |
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Tonaufzeichnungen, falls nicht in strafbarer Form erlangt. |
Rz. 16
Nach § 294 Abs. 2 ZPO gilt für einstweilige Anordnungen in Familienstreitsachen der Grundsatz, dass nur präsente Beweismittel verwertet werden können. § 31 Abs. 2 FamFG hält fest, dass in FGG-Familiensachen (z.B. Sorgerecht, Umgang, Herausgabe, Versorgungsausgleich) eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, unstatthaft ist.
Es soll also auch in diesen FGG-Familiensachen eine schnelle Entscheidung im Vordergrund stehen
Rz. 17
Gerade im schriftlichen Anordnungsverfahren kommt der Glaubhaftmachung oft entscheidende Bedeutung zu. Der mit der Alleinentscheidung befasste Richter kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung einen wesentlich geringeren Beweismaßstab zugrunde legen, als dies beim "Vollbeweis" der Fall ist. Nicht das Vorliegen einer "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit", sondern der geringere Grad der "überwiegender Wahrscheinlichkeit" reicht aus.
Rz. 18
Da eine gesetzliche Regelung für summarische Verfahren zum Grad der bei der Beweiswürdigung zu beachten...