Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 161
Während in der Vorschrift des § 1568a BGB die endgültige Regelung hinsichtlich der Rechtsverhältnisse der Wohnung angesprochen wird, ergibt sich ein materiellrechtlicher Anspruch auf vorläufige Zuweisung der Wohnung für die Dauer des Getrenntlebens in § 1361b BGB.
a) Begriff der Wohnung
Rz. 162
Unter Wohnung sind die von den Ehegatten gemeinsam genutzten Räumlichkeiten zu verstehen und nicht die beruflich genutzte Wohnung durch einen Ehepartner und ebenso wenig eine nur von einem Ehepartner genutzte Wohnung am Zweitwohnsitz.
Rz. 163
Verlangt einer der in der Ehewohnung lebenden Eheleute die Zuweisung der bislang gemeinsam bewohnten Wohnung zur ausschließlichen Nutzung, so ist dies nach dem Sinn und Inhalt der Vorschrift des § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB nur möglich, wenn ein weiteres Zusammenleben für den antragstellenden Ehepartner unzumutbar ist und eine unbillige Härte bedeuten würde.
Rz. 164
Bei der Abwägung sind besonders die Kindesinteressen (§ 1361b Abs. 1 S. 2 BGB) insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn der bislang in häuslicher Gemeinschaft lebende Ehepartner permanent in grober Weise gegen den Sinn des ehelichen Zusammenlebens verstößt und mit seinem Verhalten das normale Zusammenleben praktisch unmöglich macht. Hierbei sind die vom Antragsteller behaupteten Vorfälle nach Zeit und Ort, sowie die gesamten weiteren Umstände detailliert zu schildern. Als Härtefälle gelten
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unbeherrschtes und rücksichtloses Verhalten, |
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Alkoholexzess mit mangelnder Hygiene, |
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aggressives Verhalten mit Beleidigungen, Sachbeschädigung und Randalieren, |
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häufiges Stören der Nachtruhe, sodass objektiv die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft unzumutbar ist. |
Soweit Gewalttätigkeiten betroffen sind, greifen die vorläufigen Schutzregelungen über das Gewaltschutzgesetz.
b) Zuständigkeit des Gerichts
Rz. 165
Die Zuständigkeit des Familiengerichts folgt aus § 111 Nr. 5 FamFG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 201 Nr. 2 FamFG, falls noch kein Ehescheidungsverfahren im ersten Rechtszug anhängig ist, dann ggf. Verweisung an das Gericht der Ehesache (§ 202 FamFG).
c) Kosten und Gebühren
Rz. 166
In Ehewohnungssachen ergibt sich der Gegenstandswert gem. § 48 Abs. 1 FamGKG für Ehewohnungssachen i.S.v. § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG auf 3.000 EUR. Betroffen sind hier die Verfahren zur vorläufigen Zuweisung der Ehewohnung.
Für die einstweilige Anordnung ist daher von der Hälfte dieses Wertes, folglich 1.500 EUR, auszugehen. Der Gerichtskostenvorschuss bestimmt sich demnach gem. § 28 FamGKG Anlage 1 KV Nr. 1420 mit 1,5 aus dem vorgenannten Wert. Zur Kostenvorschusspflicht für die Gerichtskosten vgl. § 14 Abs. 3 FamGKG. Für die Anwaltsgebühren gelten wegen der Selbstständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens die Regelungen in Nr. 3100, 3104 VV RVG § 13 RVG.
d) Ge- und Verbote
Rz. 167
Mit der einstweiligen Anordnung können
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Räumungsgebote, |
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Betretungsverbote, |
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andere die Benutzung der ehelichen Wohnung regelnde Maßnahme, |
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Aufteilung der Räumlichkeiten zur Nutzung sowie Zuweisung derselben |
beantragt und erlassen werden. Da insgesamt keine Familienstreitsachen vorliegen, greifen für den einstweiligen Rechtschutz die § 49 ff. FamFG, da keine Spezialregelung im Gesetz vorgesehen ist.
Rz. 168
Für die Vollstreckung greifen die Vorschriften der §§ 86 ff. FamFG in Verbindung mit den Besonderheiten für die Ehewohnungssachen in § 209 FamFG (Anordnung der sofortigen Vollziehung; Anordnungen der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner).
e) Einstweilige Anordnung auf Regelung hinsichtlich der Ehewohnung
Rz. 169
Muster 5.10: Einstweilige Anordnung auf Regelung hinsichtlich der Ehewohnung
Muster 5.10: Einstweilige Anordnung auf Regelung hinsichtlich der Ehewohnung
An das
Amtsgericht
– Familiengericht –
Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
der Frau _________________________
– Antragstellerin –
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte: _________________________
gegen
Herrn _________________________
– Antragsgegner –
bestellen wir uns zu Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin unter Vorlage der uns legitimierenden Vollmacht. Wir beantragen,
im Wege der einstweiligen Anordnung gem. den §§ 49 ff. FamFG – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – dem Antragsgegner aufzugeben, die bisherige eheliche Wohnung, gelegen im Hause _________________________ 1. Stock, bestehend aus _________________________ zu verlassen und nicht mehr zu betreten.
Begründung
Die Beteiligten sind Eheleute. Sie leben seit dem _________________________ getrennt. Zwischen ihnen ist ein Scheidungsverfahren noch nicht anhängig, da das Getrenntlebensjahr noch nicht abgelaufen ist.
Mit dem vorliegenden ...