Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 92
Da die einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen von einer Hauptsache nunmehr unabhängig ergehen kann, ist die Frage, wann die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt, von ganz erheblicher Bedeutung.
aa) Notwendigkeit der Befristung
Rz. 93
Wegen der fehlenden Abhängigkeit gelten die früheren in § 620f ZPO a.F. erfolgten Anknüpfungen an das Bestehen der Hauptsache bzw. des Ehescheidungsverfahren nicht mehr. Das einstweilige Anordnungsverfahren, bleibt losgelöst von einer möglichen Rücknahme, Abweisung oder Erledigung einer zwischen den Parteien geführten Ehesache weiterhin in Kraft.
Gerade hier zeigt sich, wie wichtig es auf Antragsgegnerseite ist, in einstweiligen Anordnungsverfahren auf Festlegung von Unterhaltszahlungen auf eine Befristung zu dringen, um auf diesem Wege das Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung bei Erreichen der Begrenzung bzw. angesetzten Frist zu erreichen.
Es sollte also seitens des Antragsgegners immer im Verfahren auf eine Befristung der Zahlungspflicht gedrängt werden, da ansonsten die Unterhaltsanordnung selbst die rechtskräftige Scheidung oder etwa den Zeitpunkt der Aufhebung der Ehe überdauert und die rechtskräftige Scheidung die Vollstreckung aus der einstweiligen Anordnung gerade nicht per se hindert.
bb) Einzelfälle nach § 56 FamFG
Rz. 94
Nach § 56 FamFG gelten für das Außerkrafttreten einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Unabhängigkeit von einem Hauptsacheverfahren die folgenden Voraussetzungen:
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Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung aufgrund einer Fristbestimmung des Gerichts, |
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Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung, |
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anlässlich einer Endentscheidung bei Eintritt der Rechtskraft |
in Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden:
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Rücknahme des Antrages in der Hauptsache, |
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rechtskräftiger Abweisung des Antrages in der Hauptsache, |
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übereinstimmende Erledigungserklärung in der Hauptsache, |
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anderweitige Erledigung der Hauptsache. |
(1) Fristbestimmung des Gerichts
Rz. 95
Sofern das Gericht von sich aus oder auf Antrag des Antragsgegners in einer Unterhaltsanordnung die Zahlungspflicht befristet festgelegt hat, endet diese mit Eintritt der Frist. Gem. § 56 Abs. 3 FamFG hat das Gericht auch in diesem Falle auf Antrag hin die einstweilige Anordnung außer Kraft zu setzen.
(2) Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung
Rz. 96
Was unter anderweitiger Regelung zu verstehen ist, dürfte zunächst eine den gleichen Regelungsbereich betreffende Hauptsacheentscheidung sein, die, sollte es sich um ein Familienstreitverfahren (§ 112 FamFG) handeln, in Rechtskraft erwachsen sein muss.
Von "Hauptsacheverfahren" im einstweiligen Anordnungsverfahren spricht man also dann, wenn in beiden Verfahren der Regelungsgegenstand übereinstimmt, also "deckungsgleich" ist.
Deckungsgleich sind z.B. Streitigkeiten über Kindes- und Ehegattenunterhalt, bei Letzterem gleichgültig, ob vor oder während eines Eheverfahrens.
(3) Vaterschaftsfeststellungsverfahren
Rz. 97
Für das Vaterschaftsfeststellungsverfahren ergibt sich im Zusammenhang mit dem Außerkrafttreten einer einstweiligen Anordnung nach § 248 Abs. 5 S. 1 FamFG die Besonderheit, dass die erlassene einstweilige Anordnung, welche nur innerhalb des Vaterschaftsfeststellungsverfahren ergehen kann, bei Rücknahme des Antrages oder rechtskräftiger Abweisung des Antrages im Vaterschaftsfeststellungsverfahren außer Kraft tritt. Auch hier bedarf es aber eines richterlichen Beschlusses.
(4) Antragsverfahren
Rz. 98
Für Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden, enthält § 56 Abs. 2 Nr. 1–4 FamFG Regelungen, wonach das Außerkrafttreten der erlassenen einstweiligen Anordnung vom rechtlichen Schicksal des deckungsgleichen Hauptsacheverfahrens abhängig ist und zwar in den Fällen
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der Rücknahme, |
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der rechtskräftigen Abweisung, |
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der gemeinschaftlichen Erledigung der Hauptsache der Erledigung aus anderen Gründen. |
Da in diesen Fällen im Hauptverfahren über denselben Verfahrensgegenstand abschließend eine andere Regelung getroffen wird, als dies in der einstweiligen Anordnung festgelegt wurde, besteht für den Weiterbestand der einstweiligen Anordnung kein Raum, sodass auf entsprechenden Antrag das Gericht die einstweilige Anordnung aufzuheben hat. Der durch diesen Beschluss belasteten Partei (zumeist Antragsteller der erlassenen einstweiligen Anordnung, welche aufgehoben wird) steht ein Beschwerderecht gem. § 56 Abs. 3 S. 2 FamFG zu, für die die allgemeine Beschwerdefrist von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG gilt.