Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 80
Aufgrund der Aufhebung der früher unterschiedlich gehandhabten Regelungen zum Erlass einstweiliger Anordnungen auf Zahlung von Unterhalt sind die zeitlichen Unterschiede innerhalb und außerhalb eines schon anhängigen Ehescheidungsverfahrens weggefallen. Da auch keine Abhängigkeit von einem Hauptverfahren mehr besteht, kann sich nachfolgend die Darstellung auf die einzelnen Bereiche beschränken, da ohne Hauptsacheverfahren in Unterhaltsangelegenheiten unmittelbar der Weg der einstweiligen Anordnung gewählt werden kann.
1. Personenkreis der Berechtigten
Rz. 81
Durch die Angleichung der Unterhaltsansprüche von Kindern verheirateter und nicht verheirateter Eltern nach der Neuregelung durch das Kindesunterhaltsgesetz seit dem 1.7.1998 einschließlich der Einbeziehung von Ansprüchen nicht verheirateter Eltern untereinander nach den §§ 1615l ff. BGB sind alle durch Verwandtschaft begründeten Unterhaltspflichten nach den §§ 1601 ff. BGB sowie die Unterhaltspflichten unter Ehegatten und unverheirateten Eltern untereinander erfasst. Gleiches gilt für Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nunmehr nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9, § 270 Abs. 1 und 2 FamFG.
Rz. 82
Betroffen sind demnach
2. Inhalt der einstweiligen Anordnung auf Leistung von Unterhalt
Rz. 83
Der schriftlich einzureichende oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellende Antrag muss einen bestimmten Sachantrag, zumeist den Zahlungsbetrag enthalten. Wegen der Selbstständigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens ist auch für dieses Verfahren ein gesonderter Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu stellen, losgelöst davon, ob in einem schon anhängigen Hauptverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist oder nicht. Die im Hauptsacheverfahren bereits bewilligte Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich nicht automatisch auf ein einstweiliges Anordnungsverfahren.
Rz. 84
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ausführlich zu begründen und sämtliche Voraussetzungen für den Erlass sind glaubhaft zu machen.
Beweismittel jeder Art sind zugelassen. Hierzu gehören:
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eidesstattliche Erklärung der Parteien |
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eidesstattliche Erklärung der gesetzlichen Vertreter eines Beteiligten |
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behördliche Auskünfte |
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schriftliche Auskünfte von Zeugen und Sachverständigen |
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beglaubigte aber auch unbeglaubigte Fotokopien von Urkunden |
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Arztatteste, sonstige Behördenbescheinigungen |
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Antrag auf Beiziehung von Akten |
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schriftliche Zeugenaussagen |
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Tonaufzeichnungen, falls nicht in strafbarer Form erlangt. |
Anders als in den ehemaligen einstweiligen Verfügungsverfahren kann das Gericht Unterhalt unbegrenzt und in voller Höhe im Beschlusswege festlegen.
Rz. 85
Da in der einstweiligen Anordnung auch vor einem Ehescheidungsverfahren unbegrenzter Unterhalt gefordert werden kann, sollte auf Seiten des Antragsgegners im Zusammenhang mit der Festsetzung von Ehegattenunterhalt oder Unterhalt für den Lebenspartner, sowie Unterhalt für den nicht verheirateten Elternteil nach § 1615l BGB immer auf eine zeitliche Befristung etwa bis zur rechtskräftigen Scheidung oder bis zur rechtskräftigen Beendigung der Lebenspartnerschaft gedrungen werden.
Rz. 86
Hinweis
Sollte das erkennende Gericht die Entscheidung über die einstweilige Anordnung zum Unterhalt des betreuenden Elternteiles ohne Befristung aussprechen, muss das Hauptsacheverfahren durch den Antragsgegner in jedem Falle durchgeführt werden, da ansonsten der Antragsgegner Gefahr läuft, mit dem Einwand des Wegfalls der Unterhaltspflicht nach drei Jahren präkludiert zu sein.
Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil das völlig selbstständige einstweilige Anordnungsverfahren mit seinen Festlegungen gem. § 56 FamFG erst bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft tritt, es sei denn, dass das Gericht einen früheren Zeitpunkt bestimmt hätte (§ 56 Abs. 1 FamFG). Dies bedeutet, dass bei Fehlen etwa einer Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt im Eheverbund eine zuvor erwirkte einstweilige Anordnung Wirkungen auch über die Rechtskraft des Ehescheidungsurteils hinaus zeitigt.
Rz. 87
In Konsequenz bedeutet dies auch, dass die Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage nach Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung und Fehlen einer anderweitigen Regelung unter Hinweis auf der Wesensverschiedenheit von Getrenntlebens- und Nachscheidungsunterhalt unzulässig ist, weil das Anordnungsverfahren wegen seines summarischen Charakters keine Rechtskraftwirkungen bezüglich des Hauptsacheanspruchs entfal...