a) Allgemeines
Rz. 206
Nach § 2042 BGB kann jeder Miterbe grundsätzlich jederzeit ohne Rücksicht auf die Interessen der Miterben die Auseinandersetzung verlangen. Anders also als im Gesellschaftsrecht, auf das das Recht der Erbengemeinschaft vielfach verweist, ist kein "wichtiger Grund" erforderlich und das Auseinandersetzungsbegehren kann auch zur Unzeit gestellt werden. Die Formulierung in § 2042 BGB steht damit im Gegensatz zur "Parallelregelung" im Gesellschaftsrecht in § 723 Abs. 2 BGB: Während im Gesellschaftsrecht eine Kündigung nur dann zur Unzeit erfolgen darf, wenn wichtige Gründe vorliegen, gibt es bei der Erbengemeinschaft solch eine derartige Einschränkung nicht. In der Rspr. vor dem Jahr 1956 finden sich einige Entscheidungen, die ein Auseinandersetzungsverlangen aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB einschränken wollen. Es gibt hingegen keine entsprechenden Entscheidungen neueren Datums: Es sind nur schwer Fälle nach neuerer Rspr. denkbar, in denen der "letzte Rettungsanker" des § 242 BGB anzuwenden wäre.
Rz. 207
Inhaltlich ist das Verlangen auf Auseinandersetzung gem. § 2042 BGB auf Mitwirkung bei allen für eine Auseinandersetzung erforderlichen Maßnahmen gerichtet, vergleichbar mit der Mitwirkungspflicht nach § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB. Das Recht eines jeden Miterben aus § 2042 BGB führt somit zur ungeschriebenen, aber zwangsläufig zwingenden Pflicht der übrigen Miterben an der Auseinandersetzung mitzuwirken. Gerade diese Verpflichtung wird von vielen Erben "übersehen". Das Verlangen ist formlos möglich. Ein Miterbe gibt Anlass zur Klage, wenn er dem berechtigten Verlangen schuldhaft nicht nachkommt. Der Miterbe, der seine Mitwirkung bei der Auseinandersetzung verweigert, macht sich unter Umständen schadensersatzpflichtig. Da der Auseinandersetzungsanspruch ein Anspruch jedes einzelnen Miterben ist (und nicht der Erbengemeinschaft), ist der Schadensersatzanspruch nicht bei der Auseinandersetzung zu beachten und es handelt sich auch nicht um einen Anspruch der Erbengemeinschaft (somit kein Fall des § 2039 BGB). Vielmehr ist der Schadensersatzanspruch neben oder nach der Auseinandersetzung zu berücksichtigen. Soweit der Anspruch im Rahmen einer Erbauseinandersetzungsklage noch nicht zu beziffern ist, sollte der Kläger an einen diesbezüglichen Feststellungsantrag denken. Durch den Verweis auf §§ 2043 bis 2045 BGB in § 2042 Abs. 1 BGB wird klargestellt, dass dem Recht des Miterben die Auseinandersetzung zu verlangen, die gesetzlichen (§ 2043 BGB) bzw. testamentarischen Anordnungen (§ 2044 BGB) sowie das Recht, einen Aufschub gem. § 2044 BGB zu verlangen, vorgehen.
b) Aufschub der Auseinandersetzung
aa) Unbestimmtheit der Erbteile, § 2043 BGB
Rz. 208
§ 2043 BGB enthält ebenso wie §§ 2044 und 2045 BGB Ausnahmen von dem Recht der Miterben, jederzeit die Auseinandersetzung verlangen zu können. Durch § 2043 BGB wird verhindert, dass sich nach der erfolgten Auseinandersetzung die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft und damit auch die Erbteile ändern. Hierdurch werden die möglichen Erben geschützt.
Rz. 209
Die Auseinandersetzung ist gem. § 2043 Abs. 1 BGB nur dann aufgeschoben, wenn der potentielle Miterbe beim Erbfall bereits gezeugt ist, § 1923 Abs. 2 BGB (nasciturus). Der nasciturus muss lebend geboren werden, um Miterbe zu werden.
Rz. 210
Ebenfalls ausgeschlossen ist die Auseinandersetzung in den Fällen des § 2043 Abs. 2 BGB:
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Die Annahme als Kind wird durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Annehmenden ausgesprochen, § 1752 Abs. 1 BGB; bei der Volljährigenadoption kann der Antrag auch vom Anzunehmenden erfolgen, § 1768 Abs. 1 S. 1 BGB. |
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Die Aufhebung der Adoption beim Minderjährigen richtet sich nach § 1760 BGB und § 1763 BGB und erfolgt durch das Vormundschaftsgericht. Die Aufhebung bei Volljährigen richtet sich nach § 1771 BGB und kann durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Annehmenden oder Angenommenen ausgesprochen. |
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Die Anerkennung einer Stiftung als rechtsfähig richtet sich nach §§ 80, 84 BGB. |
Rz. 211
§ 2043 BGB ist nicht entsprechend anwendbar auf andere Fälle, in denen noch nicht feststeht, ob ein weiterer Miterbe an der Erbengemeinschaft beteiligt ist (wie Verschollenheit, noch bestehende Ausschlagungsmöglichkeiten etc.).
Rz. 212
Eine entgegen § 2043 BGB vorgenommene Auseinandersetzung führt nicht zur Nichtigkeit, da § 2043 BGB kein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB beinhaltet. Die Auseinandersetzung ist jedoch schwebend unwirksam bis der übergangene Miterbe entweder genehmigt (was er wohl kaum tun wird) oder die Zustimmung endgültig verweigert. Die Auseinandersetzung ist nur ausgeschlossen, soweit Erbteile unbestimmt sind. Fällt der Nachlass an mehrere Stämme und besteht nur hinsichtlich eines Stammes Ungewissheit, kann die Auseinandersetzung ansonsten erfolgen.
bb) Ungewisse Nachlassverbindlichkeiten, § 2045 BGB
Rz. 213
Bei der Ungewissheit über ...