Rz. 216
Die Möglichkeit eines Erben gem. § 2042 BGB jederzeit die Auseinandersetzung verlangen zu können, ist häufig vom Erblasser unerwünscht. Grundsätzlich ist die Erbengemeinschaft zwar auf Auseinandersetzung gerichtet. Durch § 2044 BGB wird dem Erblasser jedoch die Möglichkeit gegeben, hier gestaltend einzugreifen. Das bloße Teilungsverbot nach § 2044 BGB ist eine Teilungsanordnung i.S.v. § 2048 BGB mit negativem Inhalt. Es kann aber auch als Vorausvermächtnis i.S.v. § 2150 BGB oder Auflage i.S.v. § 1940 BGB ausgestaltet sein. Die Gestaltungsmöglichkeiten, die § 2044 BGB dem Erblasser bietet, sind vielfältig. Da der Erblasser abweichend von § 2042 BGB das Recht auf Auseinandersetzung vollständig ausschließen kann, ist es auch möglich, als "Minus" hierzu bspw. eine Mehrheitsentscheidung der Erbengemeinschaft zu verlangen oder die Auseinandersetzung nur hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände auszuschließen.
Rz. 217
Der Ausschluss der Auseinandersetzung kann nicht nur im Testament, sondern auch im Erbvertrag und gemeinschaftlichen Testament erfolgen. Es hängt dann von der konkreten Ausgestaltung der Anordnung ab, ob sie entsprechend dem gesetzlichen "Urtyp" des § 2044 BGB einseitig bleibt (§ 2299 BGB) oder vertragsmäßig bindend (§ 2278 BGB) bzw. wechselbezüglich (§ 2270 BGB) für die Erben ist. Der Testamentsvollstrecker kann nicht "nachträglich" die Auseinandersetzung ausschließen, wenn der Erblasser dies nicht bereits letztwillig geregelt hat. Die Auseinandersetzung kann aber von den Erben einvernehmlich ausgeschlossen werden. Dies ist dann jedoch kein Fall des § 2044 BGB sondern eine Vereinbarung im Rahmen der Verwaltung des Nachlasses, § 2038 BGB.
Rz. 218
Die Formulierung des § 2044 BGB lässt dem Erblasser alle Freiheiten, die Auseinandersetzung gegenständlich, personell oder zeitlich eingeschränkt auszuschließen. Der Erblasser kann die Auseinandersetzung daher für spezielle einzelne Nachlassgegenstände (z.B. eine bestimmte Vitrine), bestimmte Arten von Nachlassgegenständen (z.B. alle vermieteten Immobilien) aber auch für einzelne Personen (z.B. einen bestimmen Stamm der Familie) verbieten. Der Erblasser kann sowohl die Länge der Kündigungsfrist als auch deren Form frei regeln. Beschränkt ist er insoweit lediglich durch die Grenzen des Abs. 2.
Rz. 219
Um zu verhindern, dass der Erblasser "auf ewig" eine Auseinandersetzung verhindert und letztlich damit eine Regelung träfe, die langfristig zu einer Zersplitterung des Vermögens führen würde (durch Vererbung der Erbteile an Erbeserben), setzt § 2044 Abs. 2 S. 1 BGB eine zeitliche Grenze von 30 Jahren. Dies entspricht der auch sonst im Erbrecht zulässigen Höchstgrenze für die Fortwirkung von Anordnungen des Erblassers. Diese Höchstdauer gilt jedoch ausschließlich für juristische Personen (Umkehrschluss aus § 2044 Abs. 2 S. 3 BGB). Die Frist ist nach § 188 Abs. 2 BGB zu berechnen.
Rz. 220
Bei natürlichen Personen kann der Erblasser gem. Abs. 2 S. 2 den Ausschluss auch über 30 Jahre hinaus anordnen, wenn das Ende der Frist durch
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Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Person eines Erben (z.B. Beendigung der Berufsausbildung, Heirat, bestimmtes Alter, Tod) oder |
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Eintritt des Nacherbfalls (§ 2139 BGB) oder |
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Anfall eines Vermächtnisses (§ 2177 BGB) |
bestimmt ist.
Rz. 221
Für den Nacherbfall findet sich die entsprechende zeitliche Begrenzung in § 2109 BGB und für das bedingte Vermächtnis in §§ 2162, 2163 BGB.
Rz. 222
Der Ausschluss der Auseinandersetzung hat lediglich schuldrechtliche Wirkung, da die Verfügungsbefugnis nicht durch Testament oder Erbvertrag ausgeschlossen werden kann (§ 137 Abs. 1 BGB), und es sich auch nicht um ein gesetzliches Veräußerungsverbot i.S.v. §§ 134, 135 BGB handelt. Verfügungen, die alle Erben (auch die Nacherben) entgegen einer Anordnung nach § 2044 BGB vornehmen, bleiben wirksam, so wie sich die Erben generell über die Anordnungen des Erblassers gemeinschaftlich hinwegsetzen können. Dem kann der Erblasser durch Gestaltung in Form der Anordnung einer Testamentsvollstreckung sowie mit Sanktionsklauseln vorbeugen. Aufgrund der lediglich schuldrechtlichen Wirkung der Anordnung nach § 2044 BGB ist eine Eintragung im Grundbuch nicht möglich.
Besteht zwischen einem geschiedenen oder verwitweten Elternteil und einem minderjährigen Kind eine Erbengemeinschaft und will der Elternteil wieder heiraten, so hat der Elternteil abweichend von § 2044 BGB die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen, § 1683 Abs. 1 BGB. Nach der Rspr. enthält § 1683 Abs. 1 BGB insoweit zwingendes Recht und geht der Anordnung des Erblassers vor. Der Wortlaut der Vorschrift ("hat (…) Auseinandersetzung herbeizuführen") und die Möglichkeiten, Ausnahmegenehmigungen nach § 1683 Abs. 2 und 3 BGB zu erhalten, sprechen für die Auffassung der Rechtsprechung.
Rz. 223
Betreibt einer oder betreiben mehrere der Miterben entgegen einer Anordnung nach § 2044 BGB die Auseinandersetzung, so sind die übrigen Miterben nicht zur Mitwirkung ge...