Rz. 36

§ 220 FamFG ergänzt die materielle Auskunftspflicht der Ehegatten, Erben und Hinterbliebenen sowie ggf. der Versorgungsträger um eine besondere, durch die Gerichte durchzusetzende verfahrensrechtliche Auskunftspflicht.

1. Grundlagen

 

Rz. 37

Die Regelung dient der Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens. Sie geht auf die § 53b Abs. 2 Satz 2 FGG a.F. und § 11 Abs. 2 Satz 1 VAHRG a.F. zurück, deren Gehalt sie strafft und vereinheitlicht. Durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs wurde sie noch einmal umgestaltet, gestrafft (v.a. durch die Bezugnahme auf die Regelung der Beteiligten in § 219 FamFG, vgl. dazu aber Rdn 46 ff.) und an das neue Versorgungsausgleichsrecht angepasst.

 

Rz. 38

Das Verhältnis des § 220 FamFG zu den Ansprüchen nach § 4 VersAusglG dürfte nicht anders zu beurteilen sein als bislang das Verhältnis von § 11 Abs. 2 VAHRG a.F. zu §§ 1587e Abs. 1, 1587k Abs. 1 BGB a.F., §§ 3a Abs. 8, 10a Abs. 1 Satz 1 VAHRG a.F. In diesen Fällen wurde zwar teilweise angenommen, dass regelmäßig das Rechtsschutzinteresse für eine Geltendmachung der anderen Auskunftsrechte fehlte, weil die Möglichkeit des Gerichts bestand, Auskünfte selbst von Amts wegen einzuholen, insoweit also eine einfachere und billigere Möglichkeit gegeben war, die Auskünfte zu erlangen.[16] Gleichwohl stand die herrschende Meinung nach dem früheren Recht auf einem anderen Standpunkt.[17] Auf jeden Fall besteht für die Geltendmachung des materiellen Auskunftsanspruchs nach § 4 VersAusglG ein Rechtsschutzinteresse, wenn erst ein Scheidungsverfahren oder wenn der Ausgleich nach der Scheidung vorbereitet werden soll.[18] Des Weiteren muss das FamG die Beteiligten auf die Möglichkeit der materiellen Auskunftsansprüche hinweisen, wenn die ihm selbst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erschöpft sind (z.B. bei ausländischen Anwartschaften). Für die Geltendmachung des materiellen Auskunftsanspruchs im Verbund wird es dagegen regelmäßig an einem Rechtsschutzinteresse fehlen.[19]

 

Rz. 39

 

Hinweis

Ob das FamG seine Möglichkeiten zur Durchsetzung der verfahrensrechtlichen Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nutzen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da aber der Amtsermittlungsgrundsatz herrscht (§ 26 FamFG), muss das Gericht regelmäßig von seinen Möglichkeiten Gebrauch machen, wenn die Beteiligten nicht von sich aus die notwendigen Auskünfte beibringen und die erforderlichen Mitwirkungshandlungen vornehmen.

 

Rz. 40

Die in § 220 FamFG genannten Personen und Stellen sind verpflichtet, die gerichtlichen Ersuchen und Anordnungen zu befolgen (§ 220 Abs. 5 FamFG).

 

Rz. 41

Der Anspruch ist nicht von einer Zustimmung des durch die Auskunft betroffenen Ehegatten abhängig. Ausgeschlossen ist er nur dann, wenn die erfragte Auskunft unter keinerlei Umständen für das Verfahren relevant sein kann. Das ist allenfalls dann anzunehmen, wenn die Scheidung offensichtlich ausgeschlossen ist.[20]

 

Rz. 42

Die Auskunftspflichtigen werden durch ihre Verpflichtung nicht zu Beteiligten in der Versorgungsausgleichssache (§ 7 Abs. 6 FamFG), wenn sie es nicht ohnehin schon sind.

[16] OLG Oldenburg NJWE-FER 1998, 283; OLG München FamRZ 1998, 244.
[17] OLG Hamm FamRZ 2002, 103; OLG Nürnberg FamRZ 1995, 300.
[18] HK-BGB/Kemper, § 4 VersAusglG Rn 2.
[19] Rahm/Künkel/Wagner, Versorgungsausgleich, Rn 305.
[20] Vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 618.

2. Die zur Auskunft Verpflichteten

 

Rz. 43

Der Kreis der Auskunftspflichtigen ergibt sich zunächst aus § 220 Abs. 1 i.V.m. § 219 FamFG, denn die Regelung nimmt Bezug auf die Beteiligten im Versorgungsausgleichsverfahren: Das Gericht kann Auskünfte bei den Ehegatten, den Versorgungsträgern, bei denen auszugleichende Anrechte bestehen oder begründet werden sollen und bei Erben und Hinterbliebenen einholen.

a) Eheleute

 

Rz. 44

Die Auskunftspflicht der Eheleute knüpft an den materiellen Auskunftsanspruch aus § 4 Vers­AusglG an. Verfahrensrechtlich handelt es sich insofern um eine besondere Ausprägung der Mitwirkungspflicht der Verfahrensbeteiligten (§ 27 Abs. 1 FamFG), die wiederum in § 220 Abs. 3 FamFG (vgl. § 11 Rdn 69 ff.) nochmals konkretisiert wird.

b) Versorgungsträger, soweit sie Beteiligte sein können

 

Rz. 45

Auskunftspflichtig sind auch die Versorgungsträger. § 220 Abs. 1 FamFG nimmt insoweit Bezug auf die Beteiligtenstellung, die in § 219 Nr. 2 und 3 FamFG angeordnet wird. Diese Bezugnahme ist jedoch missverständlich, denn beteiligt am Verfahren werden nur diejenigen Versorgungsträger, welche durch die Einbeziehung der bei ihnen bestehenden oder zu begründenden Anrechte direkt durch den Versorgungsausgleich betroffen werden (siehe unten § 11 Rdn 92 ff.). Nähme man eine Auskunftspflicht allein in diesen Fällen an, könnte die Regelung ihren Sinn nur begrenzt erfüllen, denn ihre Anwendung schiede etwa aus, wenn ein Anrecht nur geringwertig (§ 18 VersAusglG) oder nicht ausgleichsreif (§ 19 VersAusglG) ist. Ebenso wenig könnten Auskünfte von den Versorgungsträgern verlangt werden, wenn die Ehegatten den Versorgungsausgleich ausgeschlossen haben oder (auf diese Anrechte beschränkt), wenn sie bestimmte Anrechte aus dem Versorgungsausg...

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