Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 128
Zeugen können nur auf Antrag der Parteien, nicht von Amts wegen zum Termin geladen werden. Selbst wenn es offensichtlich ist, dass eine Partei nur versehentlich einen Zeugen nicht benannt hat, darf das Gericht ihn nicht kurzerhand laden, sondern muss zunächst gemäß § 139 ZPO anregen, dass die Partei Beweis antritt.
Das Gericht kann (nicht muss) die Ladung des Zeugen davon abhängig machen, dass der Beweisführer einen hinreichenden Vorschuss zur Deckung der Auslagen zahlt, die der Staatskasse durch die Vernehmung des Zeugen erwachsen, § 379 S. 1 ZPO. Haben beide Parteien sich auf denselben Zeugen berufen, ist die Partei vorschusspflichtig, die die Beweislast trägt. Wird der Kostenvorschuss nicht eingezahlt, wird der Zeuge nicht geladen, wobei ein Termin bestehen bleibt.
Wird in erster Instanz auf die Vernehmung eines Zeugen verzichtet, steht das einem Beweisantritt für die Berufungsinstanz nicht entgegen, die Benennung des Zeugen in der zweiten Instanz ist aber neues Vorbringen und nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zulässig.
Rz. 129
Zur Unerreichbarkeit eines Zeugen, vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1685:
Zitat
Unerreichbar ist ein im Zivilprozess zu vernehmender Zeuge in analoger Anwendung von § 244 Abs. 3 StPO, wenn er sich im Ausland aufhält und einer Ladung unter Hinweis auf eine dauerhafte psychische Erkrankung nicht Folge leistet.
Der Zeuge ist trotz der Möglichkeit einer Vernehmung im Rechtshilfeverkehr als unerreichbar anzusehen, wenn nur eine Anhörung durch das erkennende Gericht zur Wahrheitsfindung beizutragen vermag.
Ein inländisches Gericht ist nicht verpflichtet, an der Vernehmung eines Zeugen durch das Rechtshilfegericht teilzunehmen, um sich auf diese Weise einen Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu verschaffen.
Bestehen bloße Zweifel an der Aussagebereitschaft eines ausländischen Zeugen, so ist der die Einholung des Beweises beantragenden Partei Gelegenheit zu geben, von sich aus den Zeugen zum Termin zu stellen, BGH NJW 1992, 1768.
Aber OLG Köln NVersZ 2000, 483:
Zitat
Eine Klage kann nicht mit der Begründung abgewiesen werden, ein zum Termin geladener Zeuge sei nicht erreichbar, wenn dieser bisher drei Terminsladungen nicht Folge geleistet hat und die angeordnete Vorführung erfolglos blieb, weil der Zeuge inzwischen umgezogen ist.
Sowie BGH WM 2015, 1572, 1573:
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Die Vernehmung ist nur deshalb unterblieben, weil der Zeuge zweimal nicht vor Gericht erschienen ist. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Zeugen schon deshalb als unerreichbar angesehen. Zwar findet die Vorschrift des § 244 Abs. 3 S. 2 StPO im Zivilprozessrecht entsprechende Anwendung, jedoch sind an die Annahme der Unerreichbarkeit eines Zeugen strenge Anforderungen zu stellen. Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Unerreichbarkeit des Zeugen ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Gericht unter Beachtung seiner Aufklärungspflicht alle der Bedeutung des Zeugnisses entsprechenden Bemühungen zur Beibringung des Zeugen vergeblich entfaltet hat und keine begründete Aussicht besteht, das Beweismittel in absehbarer Zeit zu beschaffen.
Rz. 130
Werden Zeugen prozessvorbereitend, also ohne Beweisbeschluss, zum Verhandlungstermin geladen, sind die Parteien gemäß § 273 Abs. 4 ZPO davon zu benachrichtigen. Eine Partei kann der Zeugenvernehmung widersprechen, wenn ihr die Ladung nicht rechtzeitig angezeigt worden ist; widerspricht sie nicht, hat sie sich allerdings rügelos im Sinne des § 295 ZPO eingelassen und kann sich später nicht mehr auf den Verfahrensfehler des Gerichts berufen.
a) Sistierte Zeugen
Rz. 131
Nicht geladene Zeugen können von den Parteien zum Termin sistiert werden. Das kann sich dann empfehlen, wenn eine Ladung durch das Gericht nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann und eine Partei Gefahr läuft, mit ihrem Vorbringen wegen Verspätung ausgeschlossen zu werden. Das Gericht kann von sich aus nicht schlechthin die Vernehmung des sistierten Zeugen ablehnen, etwa unter Berufung auf die Verspätungsvorschriften. (Etwas anderes gilt dann, wenn mit der Vernehmung dieses Zeugen der Rechtsstreit noch nicht abgeschlossen werden kann, weil sich daraus die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung ergeben könnte.)
Hat das Gericht am Sitzungstag keine ausreichende Zeit zur Vernehmung des Zeugen, muss es die Sache notfalls vertagen.
Der Gegner kann aber der Vernehmung des sistierten Zeugen widersprechen, wenn ihm die beabsichtigte Sistierung nicht rechtzeitig vor dem Termin angekündigt worden und er dadurch etwa gehindert war, Erkundigungen zur Glaubwürdigkeit des Zeugen einzuziehen. Erst durch diesen Widerspruch wird dem Gericht der Weg eröffnet, den Beweisantritt unter Verspätungsgesichtspunkten zu prüfen.
b) Zeugnis N.N.
Rz. 132
Ein Beweisantrit...