Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 241
Bei Ansprüchen, die auf die Verletzung von Pflichten bei der Miete von Wohn- und Gewerberäumen gestützt werden, stellt sich häufig die Frage, worin ein Mangel der Mietsache seine Ursache hat: In der Mietsache selbst oder in dem fehlerhaften Gebrauch der Mietsache durch den Mieter? Des Weiteren ist ein häufiger Streitpunkt zwischen den Vertragsparteien, ob ein Mangel schon bei Mietantritt vorhanden war oder erst während der Mietzeit eingetreten ist.
Rz. 242
Der Vermieter hat zu beweisen, dass die Sache von ihm mängelfrei übergeben worden und nunmehr mit Mängeln und Fehlern behaftet ist. Der Mieter hat demgegenüber zu beweisen, dass die eingetretenen Verschlechterungen auf vertragsgemäßen Gebrauch zurückzuführen und deshalb von ihm nicht zu vertreten sind, § 538 BGB.
Diese vielfach kritisierte (als den Mieter zu sehr belastende) Rechtsprechung, hat der BGH bislang nicht aufgegeben, aber doch insoweit relativiert, als er darauf hinweist, dass im Falle NJW 1978, 90 keine Anhaltspunkte für die Annahme bestanden hätten, andere Umstände als der vom Mieter ausgeübte Mietgebrauch könnten als Ursache für den, in einer Lagerhalle ausgebrochenen Brand in Betracht kommen.
Für den Fall, dass auch andere Ursachen in Betracht kommen, haben der BGH und der BerlVerfGH folgende Leitsätze formuliert.
BGH NJW 1994, 2019:
Zitat
Ist streitig, ob vermietete Räume infolge des Mietgebrauchs beschädigt worden sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt; eine in seinen eigenen Verantwortungsbereich fallende Schadensursache muss der Vermieter ausräumen.
BerlVerfGH NJW-RR 2005, 1536:
Zitat
Nach der Beweislastverteilung bei behauptetem Mietmangel hat zunächst der Vermieter sämtliche Schadensursachen aus seinem Herrschaftsbereich sicher auszuschließen, bevor der Mieter im Wege der Beweislastumkehr beweisen muss, dass er den Eintritt des Schadens gleichwohl nicht zu vertreten habe.
Rz. 243
Hat der Vermieter den Entlastungsbeweis für alle möglicherweise von ihm zu vertretenden Ursachen geführt, tritt eine Beweislastumkehr zulasten des Mieters ein; der Mieter muss sich dann hinsichtlich der Verursachung und des Verschuldens entlasten.
Unter Umständen kann den Parteien auch der Anscheinsbeweis (vgl. Rdn 48 ff.) zu Hilfe kommen:
Nimmt der Vermieter den Mieter wegen Feuchtigkeitsschäden (infolge unzureichenden Lüftens) in Anspruch und beruft sich dieser zu seiner Entlastung auf Baumängel (unzureichende Isolation), spricht der Anscheinsbeweis gegen den Mieter, wenn der Mangel weder bei dem Vormieter noch bei dem Nachmieter aufgetreten ist.
Ist ein Brand in einer Gaststätte in nahem zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlassen des Gastraumes durch die Gäste und Angestellten eingetreten, ist es Sache des mietenden Gastwirtes, sich zu entlasten.
Kommt aber als Ursache für den Defekt einer Gasetagenheizung sowohl unsachgemäßer Gebrauch durch den Mieter, als auch technischer Verschleiß des Gerätes in Betracht, ist es zunächst Sache des Vermieters, sich zu entlasten; bleibt die Ursache ungeklärt, haftet der Mieter nicht.
Hat der Mieter Aufwendungen getätigt, die sich wegen des Mangels der Mietsache als nutzlos erweisen, stellt sich die Frage, ob er diese auch dann als Schaden ersetzt verlangen kann, wenn sie auch bei gehöriger Erfüllung des Mietvertrages durch den Vermieter entstanden wären. Das bejaht die Rspr. mit der widerlegbaren Vermutung, dass der Mieter die Aufwendungen bei vertragsgemäßem Einsatz des Mietobjektes wieder erwirtschaftet hätte.