Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 300
Nicht anders als bei der Anwalts- und Arzthaftung auch (vgl. § 2 Rdn 78), sind für den Anspruch auf Schadensersatz aus Pflichtverletzungen des Mandanten gegen den Steuerberater die Anforderungen an die Darlegungslast reduziert, um das Informationsgefälle des Steuerberaters zum Mandanten auszugleichen. Der Mandant braucht nur so viel vorzutragen, dass sein Vorwurf verständlich und dem Steuerberater eine sachgerechte Verteidigung ermöglicht wird. Eine gesteigerte Substantiierungspflicht trifft den Steuerberater insbesondere, wenn ihm der Mandant eine Unterlassung vorwirft, z.B. die Nicht-Einhaltung einer Rechtsmittelfrist (vgl. insoweit für die Anwaltshaftung § 2 Rdn 70).
Steht eine objektive Pflichtverletzung des Steuerberaters fest, hat er gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB das Verschulden auszuräumen (vgl. Rdn 251 ff.).
Hinsichtlich der Frage, ob der Mandant sich aufklärungsrichtig verhalten hätte, kann wieder auf die Ausführungen zur Anwaltshaftung verwiesen werden, vgl. § 2 Rdn 70. Also keine Umkehr der Beweislast, sondern Anscheinsbeweis.
Bezüglich des Schadensumfanges verschaffen dem Mandanten die Bestimmungen des § 252 BGB und § 287 ZPO Beweiserleichterungen, vgl. Rdn 50 ff.
Lässt sich mithilfe dieser Beweiserleichterungen feststellen, dass ein Steuerberater seinen Mandanten nicht so umfassend aufgeklärt hat, wie es von ihm geschuldet war, ist damit aber noch keineswegs erwiesen, dass er seinem Mandanten auch Schadensersatz schuldet.
Das veranschaulicht der folgende, vom BGH entschiedene Fall:
Die Erben eines Mandanten des Steuerberaters nahmen diesen auf Schadensersatz in Anspruch, weil er den Erblasser bei dessen Betriebsaufgabe nicht über die steuerlichen Folgen und die Gestaltungsmöglichkeiten aufgeklärt habe, durch die diese Folgen hätten vermieden werden können. diese Gestaltungsmöglichkeiten – die Erben wiesen u.a. auf die Gründung einer Auffanggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH hin – sind selten ohne andere Nachteile und Kosten zu haben, so dass ein Anscheinsbeweis nicht für die Vermutung greift, der Mandant habe bei Aufzeigen dieser Alternativen davon auch Gebrauch gemacht. Der BGH hat deshalb die der Klage stattgebende Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.
Rz. 301
Der BGH hat mit einer vielbeachteten Entscheidung vom 26.1.2017 den Pflichtenkatalog des Steuerberaters bei der Beratung insolvenznaher Unternehmen konkretisiert und ausgeformt. Nach dieser Rspr. ist der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater zum einen verpflichtet zu prüfen, ob sich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können. Hingegen ist er nicht verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Das für eine Schadensersatzhaftung bei Mängeln der Werkleistung (Jahresabschlusserstellung) erforderliche Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Steuerberater muss sich mithin entlasten. Die Kausalität der fehlerhaften Bilanz für den geltend gemachten Insolvenzverschleppungsschaden, insbesondere also den unterlassenen Insolvenzantrag muss der Insolvenzverwalter beweisen.
Weiter hat der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater seine Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist (was auch gilt, wenn der Steuerberater "nur" mit der Erstellung des Jahresabschlusses befasst ist).
Die Rechtsprechungsregeln zur Steuerberaterhaftung sollen auch auf die Haftung des Wirtschaftsprüfers Anwendung finden.