I. Zielvereinbarungsgespräch
Rz. 25
Für die Formulierung von Zielen sind die sogenannten S.M.A.R.T.-Kriterien hilfreich.
1. Spezifisch-konkret
Rz. 26
Hier stellt sich die Frage, ob das Ziel konkret und präzise genug formuliert ist. Ein Hilfsmittel, um Ziele spezifisch-konkret zu formulieren, ist das Ziel, vom Ergebnis her zu formulieren, z.B. "Bis zum 1.5. des nächsten Jahres soll die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt sein.".
2. Messbar
Rz. 27
Nur messbare Ziele sind kontrollierbar. Es können Termine für Zwischenüberprüfungen zur Zielerreichung vereinbart werden. Ebenfalls sind die erwarteten Kosten eine messbare Größe für die Zielerreichung. Dies gilt auch für qualitative Maßstäbe in der Zielerreichung, z.B. "Die Erbengemeinschaft soll bis zum genannten Termin auseinandergesetzt werden und der Familienfrieden soll idealerweise gewahrt werden."
3. Aktiv beeinflussbar
Rz. 28
Nur wenn die bei der Zielerreichung beteiligten Personen die Erreichung selbst steuern können, macht die Zielsetzung Sinn und ist erfolgversprechend. Andernfalls ist das Ziel zu revidieren oder in ein anderes realistisches Ziel umzuformulieren und an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen.
4. Realistisch
Rz. 29
Auch wenn Ziele hochgesteckt werden, müssen sie erreichbar bleiben. Wählen Sie die Schwierigkeit der Ziele so, dass deren Umsetzung bei hoher Anstrengung Erfolg verspricht, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitert, wenn man sich keine Mühe gibt.
5. Timing
Rz. 30
Bis wann soll das Ziel erreicht werden. Hierfür ist die Definition eines genauen Datums oder einer genauen Uhrzeit erforderlich.
Das "T" bei den S.M.A.R.T.-Kriterien steht auch noch dafür, Ziele eher in Richtung "hinzu" (towards) statt "weg von" zu formulieren.
Eine "towards"-Zielformulierung wirkt attraktiver. Ein positives Ziel ermöglicht es den Beteiligten in jedem Falle, ihre Anstrengungen und Kräfte zu bündeln. Hierbei sollten Ziele anspruchsvoll, aber nicht unrealistisch sein.
II. Beratungsgespräch
Rz. 31
Zu unterscheiden ist die fachliche Beratung von der Prozessberatung. Beide Beratungsformen sollten grundsätzlich lösungsorientiert sein und nicht nur am Problem haften bleiben. Bei der fachlichen Beratung setzt der Anwalt seine höheren Rechtskenntnisse ein und gibt einem ratsuchenden Mandanten einen konkreten Rat oder eine Handlungsanweisung.
Rz. 32
Bei der sogenannten Prozessberatung wird die Beratung selbst als Prozess verstanden, der durch die Gesprächsleitung so zu gestalten ist, dass die ratsuchende Person möglichst selbst Lösungsideen für ihr Anliegen entwickelt und damit Problemlösungskompetenzen aufbaut. Gerade in Gesprächen im Rahmen der Vermögensnachfolge und Unternehmensnachfolge sind die nachstehenden Phasen des Beratungsgesprächs hilfreich:
▪ |
Fragehaltung einnehmen und versuchen zu verstehen, |
▪ |
Informationen und Meinungen austauschen, |
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Lösung erarbeiten lassen (auch durch den Mandanten). |
Rz. 33
Beispiel
Die vermögende Witwe W bittet ihren Bankberater, ihr einen geeigneten Rechtsanwalt zur Regelung ihrer Vermögensnachfolge zu empfehlen.
Frau W ist die Witwe des verstorbenen Unternehmers K, der fast 40 Jahre sehr erfolgreich selbstständig tätig war und plötzlich mit 69 Jahren verstorben ist. Er hinterlässt mehrere Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen in der Kölner Innenstadt, die sämtlich unbelastet sind. Weiterhin zählt zu seinem Vermögen ein Depot bei der Bank in Höhe von ca. 3 Mio. EUR.
Herr K hat seine Ehefrau W zu seiner alleinigen Erbin eingesetzt.
Frau W hat ihren Ehemann im Rahmen ihrer Möglichkeiten im Büro unterstützt. Tatsächlich hat sie sich jedoch vollständig auf die geschäftliche Erfahrung und Entscheidungskraft ihres Ehemannes verlassen.
Nach dessen plötzlichem Tode sieht sie sich der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches eines ihrer drei Kinder ausgesetzt. Der Sohn P macht im Gegensatz zu den beiden anderen Geschwistern seinen Pflichtteil mit Vehemenz geltend.
Der Verlust des Ehemannes sowie der Konflikt mit dem Sohn P nimmt die Witwe W emotional stark mit. Eben aus diesem Grund bittet sie ihren langjährigen Bankberater, dem sie vertraut, um Empfehlung eines Rechtsanwalts.
Tatsächlich hat der Bankberater Kontakt zu einem im Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt, empfiehlt ihr diesen und stellt einen ersten Kontakt in der Bank zwischen diesem und der Witwe W her.
Das erste Gespräch nimmt bereits zwei Stunden in Anspruch und kommt kaum über persönliche Schilderungen der W über das Unrecht in ihrer Familie hinaus.
Da Frau W nun ausgiebige Reisen unternimmt, vergehen einige Monate bis zum zweiten Gespräch in der Bank. Hierbei wird nun die Zusammensetzung des Vermögens erörtert, immer begleitet mit Beschwerden der W über das Verhalten des P im Pflichtteilsverfahren. Nach zwei Stunden ist W erschöpft und man vertagt sich auf einen nächsten Termin nach der nächsten großen Reise.
Bei dem dritten Termin – nachdem der Rechtsanwalt inzwischen insgesamt ca. fünf Stunden mit Frau W und ihrem Bankberater zusammengesessen hat, um die Erstaufnahme der Zusammensetzung des Vermögens herbeizuführen – und Frau W immer wieder, insbeso...