Rz. 5
Bei den Grundlagen einer partnerorientierten Gesprächsführung sind insbesondere die ethischen Grundhaltungen und die Einstellung in Betracht zu ziehen, mit der Gespräche geführt werden. Aus vielen alltäglichen Gesprächssituationen wissen wir, wie stark uns selbst die Einstellung und innere Haltung unserer Gesprächspartner beeinflussen kann. In manchen Gesprächen haben wir das Gefühl, akzeptiert und bejaht zu werden, Spielraum für die Entfaltung unseres Potenzials zu haben und persönlich weiterzukommen. In anderen Situationen dagegen merken wir, wie es uns fröstelt, wir gehen intuitiv auf Distanz oder in eine Hab-Acht-Stellung und behalten am Ende einen schalen Nachgeschmack. Oft können wir nicht einmal konkret benennen, was im Einzelnen dazu geführt hat, dass wir uns so fühlen.
Rz. 6
Der Grund liegt vermutlich in der inneren Haltung unserer Gesprächspartner uns gegenüber, in der Ausstrahlung und Einstellung, die eine mindestens ebenso große Rolle spielt wie die ausgetauschten Gesprächsinhalte. Dieser Umstand ist umso bedeutsamer, wenn Menschen gelernt haben, die Kommunikation mit anderen bewusst zu gestalten und zu diesem Zweck gezielt bestimmte Methoden und Strategien einzusetzen.
Rz. 7
Kommunikation soll gestalten und bewirken, aber sie soll nicht manipulieren. Kommunikationsmethoden und Gesprächsführungstechniken sollen unnötige Reibungsverluste in der Kommunikation minimieren, aber sie sollen nicht Widerstand erzeugen oder gar Demotivation verursachen. Entscheidend ist immer, mit welcher Einstellung Kommunikationsmethoden und Mittel eingesetzt werden. Eine gute Grundlage jeder Form von Gesprächsführung ist die Einstellung: "Ich bin okay – Du bist okay".
Rz. 8
Auch im Bereich der erbrechtlichen Beratung ist die Beziehung des Anwalts zu seinem Mandanten keine rein symmetrische und gleichwertige, sondern eine, die auf Unterschiedlichkeit (der Rollen und Funktionen, aber auch der Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten) beruht, worauf der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick in seinen fünf Kommunikationsregeln schon frühzeitig hingewiesen hat.
1. Man kann nicht nicht kommunizieren
Rz. 9
Watzlawick bezeichnet alles Verhalten als Kommunikation. Dies sei selbstverständlich, aber keineswegs trivial. Selbst wenn sich eine Person in einer Face-to-face-Situation entscheidet, nichts zu tun, habe dies auf der Ebene der Kommunikationsbeziehung eine Wirkung. Somit sind wir in der Kommunikation nicht nur verantwortlich, für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun oder bewusst vermeiden.
2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt
Rz. 10
Der Beziehungsaspekt ist dem Inhaltsaspekt übergeordnet und bestimmt dessen Verständnis. Die Informationen, die auf der Beziehungsebene übertragen werden, stehen auf einer Metaebene zur Inhaltsebene. Die Bedeutung der (übergeordneten) Beziehungsebene beeinflusst sehr stark den Umgang zwischen Kommunikationspartnern. Störungen auf der Beziehungsebene behindern inhaltliche Erfolge in der Kommunikation.
3. Jede Kommunikation enthält aus der unterschiedlichen Sicht der verschiedenen Partner eine Struktur
Rz. 11
Kommunikation hat keinen Anfang und kein Ende, sie ist kreisförmig oder zirkulär. Durch die "Interpunktion" der Partner erhält die Kommunikation eine subjektive Struktur (in dem Sinne: Einer hat angefangen.), die objektiv aber nicht gegeben ist. Jede Konfliktpartei nimmt ihr Verhalten nur als "Reaktion" auf, aber nicht als "Ursache" für die Haltung der anderen Partei. Konfliktparteien sind häufig unfähig, ihr eigenes Verhalten als Voraussetzung für das Verhalten der anderen Partei zu begreifen.
Rz. 12
Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe bestimmt, wobei Interpunktion die wechselseitigen Deutungen der Situation bezeichnet. Soziale Regeln sind dabei Handlungsanweisungen oder Erwartungen, die festlegen, was man in einer Situation tun soll, tun darf oder nicht tun darf.
4. Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten
Rz. 13
Digital und analog lässt sich grob mit verbal und nonverbal übersetzen. Gedeutet wird in Kommunikationssituationen nicht nur das, was der andere sagt, sondern ebenso, wie er es sagt bzw. wie er sich körpersprachlich verhält.
Rz. 14
Eine Abwendung kann als Ablehnung oder als Zeichen der Eile gedeutet werden, ein Näherkommen als Zuwendung oder als Angriff. Ein Lächeln zum Beispiel drückt nur ungefähr den zugrundeliegenden Gefühlszustand aus (ist also analog). Ein Lächeln kann bedeuten: Sympathie, Sicherheit, Verächtlichkeit, Zufriedenheit etc.
Wird der Gefühlszustand dagegen in Sprache ausgedrückt (digital) mit dem Satz "Ich freue mich!", so ist die parallel ablaufende, analoge Kommunikation (lächeln) eindeutig als zufriedenes Lächeln zu verstehen.
Rz. 15
Es ist wichtig, auf die Stimmigkeit zwischen digitaler und analoger Kommunikation zu achten. Der Anwalt hat sich selbst zu überprüfen, ob bei ihm/i...