Rz. 291
Die Kalkulierbarkeit eines vom Versicherer übernommenen Risikos hängt davon ab, wie wahrscheinlich der Eintritt eines Versicherungsfalles ist. Die Höhe der vom Versicherungsnehmer zu leistenden Versicherungsprämie bestimmt sich deshalb nach den konkreten Risikoverhältnissen.
Zur Bestimmung des versicherten Risikos ist der Versicherer darauf angewiesen, dass ihn der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrages umfassend und wahrheitsgemäß über alle hierfür relevanten Tatsachen informiert. Nach dem Abschluss des Versicherungsvertrages benötigt der Versicherer darüber hinaus sämtliche Informationen über nachträglich eintretende Umstände, die zu einer Erhöhung der versicherten Gefahr führen.
Rz. 292
Gefahrerhöhungen begründen für den Versicherungsnehmer Gefahrstands- und Anzeigepflichten. Inhalt der Gefahrstandspflicht ist, dass der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Erhöhung der Gefahr vornehmen oder gestatten darf. Liegt eine Gefahrerhöhung vor, greift die Pflicht zur Anzeige der Erhöhung des versicherten Risikos gegenüber dem Versicherer.
Zur Feststellung einer Gefahrerhöhung ist die Gefahrenlage bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit derjenigen zu vergleichen, die nach einer Veränderung der für die versicherte Gefahr maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Dabei ist die jeweilige Gefahrenlage aufgrund einer Gesamtabwägung aller gefahrrelevanten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Wie der Versicherer bestimmte Umstände bewertet und wie sich diese Umstände auf die Prämiengestaltung auswirken, hat in diesem Zusammenhang zwar erhebliche Indizwirkung, ersetzt die vom Tatrichter geforderte eigene Gesamtabwägung aber nicht. Soweit gefahrerhöhenden Umständen gefahrvermindernde gegenüberstehen, sind sie gegeneinander abzuwägen (so genannte Gefahrenkompensation).
Grundsätzlich ist nur eine erhebliche Erhöhung des versicherten Risikos dazu geeignet, eine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung zu begründen. Hierzu muss die neue Gefahrenlage von einiger Dauer und geeignet sein, den Eintritt eines Schadens wahrscheinlicher zu machen. Ist eine Gefahrerhöhung lediglich von kurzer Dauer, ist sie also nicht dazu geeignet, eine besondere Gefahr zu verwirklichen, ist sie unerheblich und steht der Eintrittspflicht des Versicherers nicht entgegen. Welche Zeitdauer für eine "erhebliche" Gefahrerhöhung erforderlich ist, lässt sich nicht einheitlich bestimmen und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Pflicht zur Anzeige einer Gefahrerhöhung trifft unmittelbar den Versicherungsnehmer. Ist er hingegen aufgrund geistigen Verfalls (z.B. in Form einer Altersdemenz) nicht mehr zur Erstattung der Anzeige imstande, dann ist der für ihn bestellte Betreuer als dessen gesetzlicher Vertreter zur Anzeige der Gefahrerhöhung verpflichtet. Als gesetzlicher Vertreter des Versicherungsnehmers gem. § 1902 BGB hat er an Stelle des Versicherungsnehmers die diesen treffenden Obliegenheiten zu erfüllen.
Rz. 293
Die Einzelheiten zur Gefahrerhöhung sind im Allgemeinen Teil des VVG geregelt. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die in der Feuerversicherung geltenden Besonderheiten für Gefahrerhöhungen.