Rz. 248

Formelle Voraussetzung für die Durchführung eines wirksamen Sachverständigenverfahrens ist zunächst, dass beide Parteien je einen Sachverständigen und die beiden genannten Sachverständigen sodann einen dritten Sachverständigen als Obmann benennen. Die von den Parteien benannten Sachverständigen stellen keine Schiedsrichter gem. § 1025 ZPO, sondern Schiedsgutachter dar.[263] Folglich kann im Prozess nicht die Rüge des Schiedsvertrages gem. § 1027 a ZPO erhoben werden.

 

Rz. 249

Der Versicherer ist bei der Auswahl des Sachverständigen an die Vorgaben des § 15 Nr. 2 c AFB 87 bzw. A § 10 Nr. 3 AFB 2010 gebunden. Danach darf er keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit diesem in Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Diese Grundsätze gelten auch für die Auswahl des Obmanns.

 

Rz. 250

Im Übrigen sind die Parteien in ihrer Wahl frei. Der Sachverständige muss keine besondere Qualifikation aufweisen. Hat eine Partei Bedenken gegen die fachliche Eignung des von der Gegenseite benannten Sachverständigen, kann sie dies beanstanden, ist aber letztlich an die Wahl durch die Gegenpartei gebunden. Ebenso wenig kann eingewendet werden, dass der Sachverständige für die Partei bereits anderweitig Gutachten erstattet oder in derselben Sache bereits am Regulierungsverfahren mitgewirkt hat.[264]

 

Rz. 251

Nicht abschließend geklärt ist, ob der Sachverständige zu der ihn ernennenden Partei in einem Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis stehen darf. Nach Langheid[265] kann die Befangenheit eines Sachverständigen zur Unverbindlichkeit des Gutachtens führen. Diese Einschränkung ist jedoch m.E. nicht geboten. Eine Unabhängigkeit der von beiden Parteien benannten Sachverständigen ist nicht erforderlich, da im Falle einer voneinander abweichenden Einschätzung der Obmann entscheidet.

 

Rz. 252

Eine absolute Unabhängigkeit wird jedoch unzweifelhaft von dem von beiden Sachverständigen zu benennenden Obmann gefordert.[266] Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der Obmann zu einer Partei in einem Abhängigkeitsverhältnis steht, führt dies in der Regel zur Unverbindlichkeit des Gutachtens.

[263] BGH VersR 1976, 821, 823.
[264] Prölss/Martin/Voit, § 84 VVG Rn 16: Langheid/Wandt/Hallbach, § 84 Rn 30.
[265] Langheid/Rixecker/Langheid, § 84 VVG Rn 26 f.
[266] BGH VersR 1957, 122.

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