Rz. 115
Die Versicherungsbedingungen enthalten keine Definition des Begriffs "Gebäude"; ein spezifisch versicherungsrechtlicher Sinn dieses Ausdrucks ist auch sonst nicht ersichtlich. Demgemäß muss der Ausdruck vom Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers her ausgelegt werden. Ausgangspunkt dieses Verständnisses ist der Alltagssprachgebrauch. Nach überwiegender Auffassung ist ein Gebäude ein Bauwerk (auch Um-, An- und Neubauten), einschließlich Fundamenten, Grund- und Kellermauern, das zur Aufnahme von Menschen, Tieren oder Sachen geeignet ist. Auch eine bewegliche Sache kann unter den Gebäudebegriff fallen. Voraussetzung ist, dass sie ihrer Nutzungsart entsprechend als Gebäude eingestuft wird und ausdrücklich dafür eine Gebäudeversicherung vereinbart ist. Da es keine Definition in den AFB gibt, kommt es für den Gebäudebegriff maßgeblich auf den Parteiwillen an.
Rz. 116
Eine Einschränkung des Gebäudebegriffs auf räumlich umfriedete ist abzulehnen. Diese Einschränkung des Gebäudebegriffs begegnet bereits deshalb Bedenken, weil die von der (noch) herrschenden Meinung verwendete Definition am Schutzzweck der Einbruchdiebstahlversicherung orientiert ist. Die Einbruchdiebstahlversicherung dient jedoch – anders als die Feuerversicherung – nicht dem Ersatz von Schäden, die durch Elementarereignisse verursacht werden. Sie verfolgt vielmehr den Schutz vor gezieltem und zweckgerichtetem Handeln von Menschen. Dieses Handeln setzt das Überwinden bestimmter Hindernisse voraus, die nur bei räumlich umfriedeten Gebäuden vorliegen. Für die Feuerversicherung ist diese besondere Gebäudeeigenschaft jedoch nicht erforderlich.
Rz. 117
Der Gebäudebegriff ist weit auszulegen. Hierzu gehören auch:
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Brücken, |
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Tiefgaragen, |
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Fertiggaragen aus Beton, auch wenn sie nicht mit dem Boden fest verankert sind, |
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Futtersilos, |
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Traglufthallen, |
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Baubuden, |
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Baracken, |
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Remisen und Feldscheunen und |
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Zirkuszelte. |
Nach der hier vertretenen Auffassung stellen auch Rohbauten ohne weiteres Gebäude dar.
Vom Gebäudebegriff nicht mit umfasst werden:
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Wohn- und Bauwagen, |
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Zelte und |
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Karren. |
Rz. 118
§ 2 Nr. 1 a AFB 87/A § 3 Nr. 1 AFB 2010 stellt bei Gebäuden nicht auf das Eigentum des Versicherungsnehmers ab. So versteht bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer einer Feuerversicherung die Klausel. Für ihn ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des A § 3 Nr. 1 a, 2 AFB 2010 nicht, dass es bei der Feuerversicherung darauf ankommt, ob das versicherte Gebäude im Eigentum des Versicherungsnehmers steht oder Fremdeigentum ist. Im Gegensatz dazu unterscheiden die Regelungen zu beweglichen Sachen zwischen Eigentum, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung (A § 3 Nr. 3 a–c AFB 2010). Die Differenzierung zwischen unbeweglichen und beweglichen Sachen kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer gut nachvollziehen. Da bei Gebäuden und ihren Bestandteilen keine Differenzierung erfolgt, ergibt die Vertragsauslegung, dass auch im Fremdeigentum stehende Gebäude versicherbar sind.
Rz. 119
Vom Gebäudebegriff ebenfalls mit umfasst werden so genannte "Bestandteile" eines Gebäudes. Bestandteile sind Sachen, die nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (§ 93 BGB), oder Sachen, die in ein Gebäude zur Herstellung eingefügt worden sind (§ 94 BGB). Hierzu gehören insbesondere:
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Tapeten, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese vom Eigentümer oder Vermieter in das Gebäude eingefügt worden sind; |
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Bodenbelege, wobei es für einen Teppich ausreicht, dass er auf den Raum zugeschnitten ist; |
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sanitäre Installationen (z.B. Badewannen und Duschkabinen); |
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Alarmanlagen. |
Rz. 120
Keine Bestandteile eines Gebäudes sind so genannte Scheinbestandteile. Hierbei handelt es sich um Gegenstände, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügt wurden (§ 95 BGB). Scheinbestandteile sind innerhalb einer Wohnung in der Regel als Hausrat mitversichert. Ebenfalls nicht unter den Begriff "Scheinbestandteile" fallen:
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Einbaumöbel (z.B. Einbauküchen), |
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Haushaltsgeräte (z.B. Wasch- und Geschirrspülmaschinen). |
Rz. 121
Auch Zubehör ist gem. § 97 BGB kein Bestandteil des Gebäudes. Dabei handelt es sich um bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Zubehör ist gem. § 3 Nr. 2 AFB 2010 grundsätzlich nicht versichert, es sei denn es wurde Abweichendes vereinbart.
Rz. 122
Während der Begriff des Gebäudes in den Bedingungen nicht beschrieben ist und es auch keine Legaldefinition gibt, so dass auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers abgestellt werden muss, könnte das für die Bestandtei...