Rz. 210
Da die Versicherungsbedingungen in § 11 Nr. 1 b AFB 87/A § 8 Nr. 1 und 2 AFB 2010 den Ausgleich einer Wertminderung vorsehen, wird für die ordnungsgemäße Reparatur nicht vorausgesetzt, dass der Zustand der Sachen nach der Reparatur mit ihrem Zustand vor dem Eintritt des Versicherungsfalles übereinstimmt. Zumutbare nachteilige Veränderungen muss der Versicherungsnehmer hinnehmen. Einen Ausgleich hierfür erhält er allein durch die Wertminderung.
Rz. 211
Bleibt nach einer vollständigen und fachgerechten Reparatur ein objektiv wahrnehmbarer Mangel, der sich auf den Gebrauch, die Lebensdauer oder das äußere Erscheinungsbild auswirkt, liegt eine technische Wertminderung vor. Kommt es zu einer Verminderung des Verkaufspreises, weil potentielle Käufer trotz vollständiger und fachgerechter Wiederherstellung z.B. aus Sorge vor unentdeckten Schäden nur zur Zahlung eines gegenüber einer gleichen aber unbeschädigten Sache geringeren Kaufpreises bereit sind, liegt eine merkantile Wertminderung vor.
Rz. 212
Anders als im Schadensersatzrecht gem. §§ 249 ff. BGB war mit dem Begriff der Wertminderung ausschließlich eine technische Wertminderung gemeint. Inzwischen wird die Ansicht vertreten, auch eine merkantile Wertminderung sei zu erstatten. Abgestellt wird auf den Wortlaut der Bedingungen und das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Die AFB sprechen allgemein von einer "durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung". Eine ausdrückliche Einschränkung auf die technische Wertminderung enthalten die AFB nicht. Etwaige Unklarheiten gehen gemäß § 305c Abs. 2 BGB im Zweifel zu Lasten des Versicherers. Entgegen zu halten ist dieser Ansicht, dass es sich um eine Sachversicherung handelt, in der das Sacherhaltungsinteresse versichert ist. Der Verkaufspreis einer Sache spielt bei der Bestimmung des Versicherungswerts keine Rolle. Nicht einmal in der Definition des Zeitwerts wird auf den Wert der Sache am Markt abgestellt. Der reine Vermögensschaden ist nicht versichert. Gedeckt sind nur die Kosten der Wiederherstellung, die im Verbund mit der strengen Wiederherstellungsklausel das Interesse am Erhalt – und nicht am Wert – der Sache darstellen. Der Meinungsstreit dürfte nicht mit versicherungsrechtlichen Argumenten zu entscheiden sein. Maßgeblich sind die Bedingungen und insoweit das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Erschließen sich ihm die systematischen Erwägungen, ist der Wortlaut nicht mehrdeutig und nur der technische Minderwert zu regulieren. Andernfalls wäre wohl der neueren Ansicht zu folgen.
Rz. 213
Die Frage der wirtschaftlichen Vertretbarkeit einer Reparaturmaßnahme führt in der Praxis häufig zu Problemen. So hatte beispielsweise das OLG Düsseldorf über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem in einem Badezimmer eines hochwertigen Wohngebäudes ein verhältnismäßig kleiner Teil der Wand- und Bodenfliesen beschädigt worden war. Eine vollständige Neuverfliesung hätte zu Kosten in Höhe von 27.000 DM geführt. Nach Auffassung des Gerichts war es für den Versicherungsnehmer zumutbar, lediglich die Bodenfliesen auszutauschen und wegen des verbleibenden Restschadens eine Wertminderung zu akzeptieren.
Rz. 214
Kehrseite der Wertminderung ist der in § 11 Nr. 1 b AFB 87 geregelte Grundsatz, dass die Reparaturkosten um den Betrag gekürzt werden, um die der Versicherungswert der Sache durch die Reparatur gegenüber dem Versicherungswert der Sache unmittelbar vor dem Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wurde. A § 8 Nr. 1 a bb und 3 a AFB 2010 sagen keinen höheren Leistungsanspruch zu. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Grundsätze der Werterhöhung in der Gleitenden Neuwertversicherung keine Rolle spielen.