Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 19.05.2022; Aktenzeichen 24 O 209/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.05.2022 - 24 O 209/20 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Parteien vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 30.000,00 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Schadensregulierung nach einem Wohnungsbrand.
Der Kläger hat das Sondereigentum an einer Wohnung im Gebäude K-Str. 12, W. inne. Das Gebäude ist beim beklagten Versicherer unter der Vertragsnummer ... versichert. Versicherungsnehmer ist die WEG K-Str. 12-14, W., vertreten durch M.S.I., H-Str. 10, L.. Für den Versicherungsvertrag gelten die allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (...2008) - Ausgabe Juli 2008. Unter § 26 Ziff. 1.2 ... ist geregelt:
"Ersetzt werden
(...)
bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zurzeit des Eintritts des Versicherungsfalles zuzüglich einer Wertminderung, die durch Reparatur nicht auszugleichen ist, höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles;
(...)"
Gemäß § 30 Ziff. 6 ... i.V.m. Ziff. 4.5 der Anlage 1 zur verbundenen Wohnbauversicherung ersetzt der Versicherer 80 % der durch den Versicherungsnehmer zu tragenden Kosten des Sachverständigenverfahrens, wenn der entschädigungspflichtige Schaden den Betrag i.H.v. 25.000,00 EUR übersteigt. Wegen der weiteren Bestimmungen der ... wird auf die sich bei den Akten befindliche Ablichtung (Anlage K 7) Bezug genommen.
Am 13.12.2016 kam es in der Wohnung des Klägers zu einem Brandfall, bei welchem die komplette Erdgeschosswohnung beschädigt wurde. Der komplette Granitfußboden musste herausgenommen und der Wand- und Deckenaufbau teilweise abgetragen werden. Die Kücheneinrichtung, Badezimmereinrichtung, sowie die einzelnen Zimmer bzw. die dort fest verbundenen Teile wurden zerstört bzw. beschädigt, bis hin zu den Führungen für die Elektroleitungen und den Rollladenkästen.
Die Beklagte beauftragte zunächst den Sachverständigen K. mit der Schadenserfassung, welche ein Gutachten hierzu erstattete (Anlage K 1, Bl. 1 eAkte, Anlagenband Kläger). Der Kläger ließ in der Folge ein weiteres Schadensgutachten durch den Sachverständigen Dr. G. einholen, welcher in seinem Gutachten (Anlage K 2, Bl. 5 eAkte, Anlagenband Kläger) im Vergleich zum Sachverständigen K. einen deutlich höheren Schaden sowie eine merkantile Wertminderung i.H.v. 40.000,00 EUR in seinem Gutachten aufführte. Für die Erstellung des Gutachtens bezahlte der Kläger an den Sachverständigen Dr. G. einen Betrag i.H.v. 7.546,96 EUR.
Die klägerische Wohnung wurde ca. 4 Jahre lang saniert und wurde in dieser Zeit nicht bewohnt.
Die Beklagte bezahlte an den Kläger einen Gesamtschadenbetrag i.H.v. 116.700,00 EUR. Ausdrücklich ausgenommen waren dabei der Ersatz eines merkantilen Minderwerts sowie die beim Kläger angefallenen Kosten des Dr. G.. Während des Rechtsstreits in erster Instanz bezahlte die Beklagte 6.037,57 EUR auf die beim Kläger angefallenen Kosten für das Gutachten Dr. G., woraufhin der Kläger insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärte.
Der Kläger, welcher erstinstanzlich (zuletzt) beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 47.546,96 EUR nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten abzüglich am 16.02.2021 bezahlter 6.037,57 EUR zu zahlen, behauptet, durch den Brandfall sei an seiner Wohnung ein merkantiler Minderwert i.H.v. 40.000,00 EUR eingetreten. Dieser sei aufgrund der Bestimmung des § 26 Ziff. 1.2 ... durch die Beklagte zu ersetzen. Außerdem sei ein technischer Minderwert an der Wohnung eingetreten, da Einbauteile (Rollladenkästen, Steckdoseneinsätze etc.) Brand- und Schmauchspuren aufwiesen. Die Beseitigung dieser Spuren würde Kosten von über 50.000,00 EUR verursachen.
Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, ist der Auffassung, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, da der Umlaufbeschluss der WEG nicht von allen Teileigentümern unterschrieben worden sei. Eine Unterschrift von M. F. könne nicht erkannt werden. Die Regelung in § 26 Ziff. 1.2 ... beziehe sich nur auf einen technischen Minderwert, welcher nicht eingetreten sei. Im Übrigen sei weder ein technischer noch ein merkantiler Minderwert eingetreten.
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Bewei...