Rz. 89
Unter dem Begriff der so genannten politischen Risiken werden Kriegsereignisse und innere Unruhen zusammengefasst. Die Ausschlusstatbestände wurden in den AFB verankert, da sie die Gefahr eines gehäuften Schadeneintritts begründen.
a) Krieg
Rz. 90
Für das Vorliegen eines Kriegszustandes braucht ein Krieg nicht förmlich erklärt zu werden. Entscheidend ist, dass durch einen kriegsähnlichen Zustand eine besondere Gefahrenlage für das versicherte Gut entsteht, diese in ihrem Eintritt oder Ablauf unberechenbar ist und ihr mit dem Einsatz normaler Mittel nicht mehr begegnet werden kann, wenn der einzelne Schaden wiederum adäquat auf eine solche Gefahrenlage zurückzuführen ist. Der Ausschlusstatbestand greift bereits ein, wenn ein Krieg bei der Verursachung des Schadens mitgewirkt hat.
Rz. 91
Vom Ausschlusstatbestand nicht mit umfasst werden Schäden durch Besatzungsmächte, durch Munition im Schrott oder explodierende verborgene Blindgänger nach der Beendigung des Krieges. Diese Auffassung begegnet insoweit Bedenken, als sie auch verborgene Blindgänger vom Regelungsgehalt des Ausschlusstatbestandes ausnimmt. Blindgänger und alle sonstigen nach einem Krieg unentdeckt gebliebenen Sprengladungen begründen dasselbe ungewisse und nicht kalkulierbare Risiko wie Sprengladungen während des Krieges. Sie stellen eine adäquate Folge des Krieges dar und fallen demgemäß unter den Ausschlusstatbestand.
Rz. 92
Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Versicherer auch für diesen Haftungsausschluss die volle Beweislast trägt.
b) Innere Unruhen
Rz. 93
Innere Unruhen liegen vor, wenn zahlenmäßig nicht unerhebliche Teile des Volkes in einer die öffentliche Ruhe und Ordnung störenden Weise in Bewegung geraten und Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen verüben.
Nach dem Sprachgebrauch gehören hierzu Aufruhr, Landfriedensbruch, Tumult, Plünderung und Aufstand. Anders als Sabotageakte erfordern sie ein bis zu einem gewissen Grad öffentliches, provokatorisches Handeln. Es muss sich um Vorgänge handeln, die von der Mehrheit der Bürger als außergewöhnlich und als eine gewisse Gefahr für die staatliche Grundordnung empfunden werden. Allerdings ist ein einheitliches, überhaupt ein politisches Motiv des Handelns nicht erforderlich.
Rz. 94
Die Zahl der Unruhestifter ist nur eines von vielen Kriterien. Daneben sind von Bedeutung
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die Organisation der Teilnehmer, |
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gegebenenfalls die Bewaffnung der Teilnehmer, |
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die Dauer und die Intensität der Übergriffe und |
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die Beherrschbarkeit der Vorfälle durch die Polizei. |
Rz. 95
Für das Eingreifen des Ausschlusstatbestandes reichen Ausschreitungen einzelner im Rahmen einer erlaubten oder friedlichen Demonstration nicht aus. Folglich wird in der Regel ein Streik, der sich in den Grenzen des verfassungsmäßig garantierten Streikrechts bewegt, nicht als innere Unruhe qualifiziert werden können.
Rz. 96
Auch der Ausschlusstatbestand der "inneren Unruhen" muss grundsätzlich in vollem Umfang vom Versicherer bewiesen werden. Allerdings sollen dem Versicherer Beweiserleichterungen in Form des Anscheinsbeweises je nach zeitlicher und örtlicher Nähe des Schadens zum Unruheherd zugutekommen.