Rz. 263
Sicherheitsvorschriften befinden sich sowohl in Teil A als auch in Teil B der AFB 2010. Gemäß § 7 Nr. 1 a AFB 87/B § 8 Nr. 1 AFB 2010 hat der Versicherungsnehmer alle gesetzlichen, behördlichen oder in dem Versicherungsvertrag vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten. Hierbei handelt es sich um eine Obliegenheit zum Zwecke der Gefahrverminderung, die der Versicherungsnehmer von Anbeginn des Vertrages zu erfüllen hat. Gemäß A § 11 Nr. 1 a–c AFB 2010 hat der Versicherungsnehmer Kontrollpflichten, die Pflicht zur Daten- und Programmsicherung und zum Führen von Verzeichnissen. Solche vertraglich vereinbarten "Sicherheitsvorschriften" müssen dem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Verhalten auferlegen und bei abstrakter Betrachtung dazu geeignet sein, den Eintritt des Versicherungsfalles mindestens zu erschweren. Allgemeingehaltene Vorschriften, die nur Ausdruck genereller Vorsorge vor Schadensfällen sind, reichen hierfür nicht aus. Sie sind allenfalls im Rahmen der Prüfung grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 81 VVG zu berücksichtigen. Aus diesem Grunde zählen die "Sicherheitsvorschriften" des A § 11 Nr. 1 a–c AFB 2010 nur zu den Obliegenheiten. Die Kontrollpflicht ist zu allgemein gehalten. Ihre Beachtung mag zwar eher zur Aufdeckung einer Gefährdungslage führen, der Eintritt des Versicherungsfalls wird dadurch jedoch nicht erschwert. Die Pflichten zur Daten- und Programmsicherung dienen der Vorsorge zur leichteren Wiederherstellung des Daten- und Programmbestandes. Sie wirken sich nur auf den Umfang der Schadenbeseitigung aus. Das Gleiche gilt für die Pflicht zum Führen von Verzeichnissen. Sie verhindert nicht den Eintritt eines Versicherungsfalls, sondern wirkt sich allein auf die Schadenbeseitigung bzw. -bezifferung aus.
Rz. 264
Beispiele für Sicherheitsvorschriften sind:
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die Vorschriften für die Ausführung von Schweiß-, Schneid-, Löt- und Auftauarbeiten jeder Art in feuer- und explosionsgefährlicher Umgebung, |
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die Vorschriften über die Verwendung von Flüssiggas, die Lagerung von schwefelfähigen Düngemitteln sowie die Unterbringung und den Betrieb von Maschinen und Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, Gaserzeugern sowie Feuerungen, |
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die Vorschriften über Temperaturmessungen zur Vermeidung von Heuselbstentzündung, |
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die Vorschriften über die ordnungsgemäße Erstellung einer Brandmauer. |
Rz. 265
Keine Sicherheitsvorschriften stellen die "Sicherheitsvorschriften für die Landwirtschaft" dar. Hierbei handelt es sich nicht um behördliche oder berufsgenossenschaftliche Feuer- oder Unfallverhütungsvorschriften, sondern um vereinbarte Versicherungsbedingungen, durch die die den Versicherungsnehmer obliegenden Pflichten näher konkretisiert werden. Ebenso wenig stellt die "Niedersächsische Feuerungsverordnung" eine Sicherheitsvorschrift dar.
Rz. 266
Vertraglich vereinbarte Sicherheitsvorschriften werden durch bestimmte Klauseln (Klauseln 3601 bis 3611) in den Versicherungsvertrag einbezogen. Sie regeln beispielsweise die Überprüfung elektrischer Anlagen und Brandschutzanlagen, die vom Versicherungsnehmer nachgewiesen werden muss.
Während der Versicherer bei Obliegenheitsverletzungen stets sowohl den objektiven Tatbestand als auch die Kausalität der Obliegenheitsverletzung für den Schadeneintritt beweisen muss, wurden diese Grundsätze bei der Verletzung von Sicherheitsvorschriften zugunsten des Versicherers abgeändert. Danach reicht es aus, wenn der Versicherer nachweist, dass der Versicherungsnehmer objektiv gegen eine Sicherheitsvorschrift verstoßen hat. Hierdurch wird bereits eine Gefahrenlage geschaffen, die per se dazu geeignet ist, den Eintritt des Versicherungsfalles zu fördern. Sodann ist es Aufgabe des Versicherungsnehmers nachzuweisen, dass die Gefahrenlage keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles genommen hat.
Die Verletzung von Sicherheitsvorschriften gemäß B § 8 Nr. 1 AFB 2010 begründet häufig auch eine Gefahrerhöhung. Ist dies der Fall, kann der Versicherer zwischen den Rechtsfolgen wählen.