Sebastian Herrler, Susanne Herrler
Rz. 1
Der Fokus zahlreicher Unternehmen ist heutzutage nicht mehr nur auf den nationalen, sondern ebenso auf den europäischen bzw. den Weltmarkt gerichtet. Zur Entfaltung der Auslandstätigkeit werden Auslandsgesellschaften gegründet bzw. erworben. Abhängig von den Rahmenbedingungen, vor allem in gesellschafts-, arbeits- und steuerrechtlicher Hinsicht (Stichwort "Wettbewerb der Rechtsordnungen"), besteht mitunter das Bedürfnis, die Auslandsgesellschaften mit den nationalen Gesellschaften im Wege der transnationalen Verschmelzung zusammenzuführen. Aus deutscher Sicht gilt dies seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1.11.2008 insbesondere für die grenzüberschreitende Hereinverschmelzung. Seit der grundlegenden Reform des GmbH-Rechts präsentiert sich die deutsche GmbH (wieder) als wettbewerbsfähige Gesellschaftsform im europäischen Rechts- und Wirtschaftsraum. Unter anderem wurden der Gründungsvorgang vereinfacht und durch § 5a GmbHG eine neue Erscheinungsform der GmbH, die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), geschaffen, welche insbesondere wenig kapitalintensiven Unternehmungen die Rechtsform einer haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaft mit geringer Kapitalausstattung und geringem Gründungsaufwand eröffnet. Ferner gelten für die Ein-Mann-GmbH nunmehr dieselben Kapitalaufbringungsregeln wie bei der Mehrpersonengesellschaft, so dass die hälftige Einzahlung des Stammkapitals ausreichend ist. Auch die vormals sehr strengen Regeln der Kapitalaufbringung wurden reformiert und weitgehend durch eine bilanzielle Betrachtungsweise ersetzt (§ 19 Abs. 4 Sätze 3, 4 und Abs. 5 GmbHG). Die teilweise überschießenden (und für die Gründungsgesellschafter u.U. kostspieligen) Rechtsfolgen einer verdeckten Sacheinlage gehören damit der Vergangenheit an. Aus diesem Grund hat die deutsche GmbH wieder deutlich an Attraktivität gewonnen, zumal die hohe Akzeptanz dieser Gesellschaftsform unter Geschäftspartnern sowie die Verfügbarkeit fachkundiger Rechtsberatung vor Ort – jedenfalls für in Deutschland tätige Unternehmer – nicht zu unterschätzen ist.
I. Primärrechtliche Rahmenbedingungen der Mobilität (Art. 49 und 54 AEUV)
1. Beschränkungen des Zuzugs
Rz. 2
Gesellschaften aus den Mitgliedstaaten der EU sind heutzutage in hohem Maße beweglich. Dies ist u.a. den Entscheidungen des EuGH zu der in Art. 49 und 54 AEUV (ex-Art. 43, 48 EG) garantierten Niederlassungsfreiheit geschuldet, welche den primärrechtlichen Ausgangspunkt für die Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Umwandlungen bildet. In den Entscheidungen Centros, Überseering und Inspire Art stellte der EuGH klar, dass ein Mitgliedstaat den Zuzug von Gesellschaften, welche in einem anderen Mitgliedstaat wirksam gegründet wurden, nur in engen Grenzen beschränken darf. In Abkehr von der bis dahin in Deutschland vorherrschenden sog. Sitztheorie ist somit die sog. Gründungstheorie maßgebend. Danach bestimmt sich das Gesellschaftsstatut nach dem Recht des Ortes, an dem die Gesellschaft gegründet wurde. Konkret steht die Niederlassungsfreiheit beispielsweise Regelungen entgegen, welche die Errichtung einer Zweigniederlassung einer in einem anderen Mitgliedstaat wirksam gegründeten Gesellschaft von Voraussetzungen abhängig macht, die für eine Gründung nach innerstaatlichem Recht erforderlich wären. Spätestens seit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache SEVIC ist – noch vor Inkrafttreten der Richtlinie 2005/56/EG – anerkannt, dass sich der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit rechtsformunabhängig auf sämtliche Arten der Hereinumwandlung erstreckt.
2. Beschränkungen des Wegzugs
Rz. 3
Entgegen der liberalen Tendenz in Zuzugsfällen und entgegen den Ausführungen des G...