Rz. 5
Der Geschädigte muss den Personenschaden bei einer Tätigkeit erlitten haben, bei der er gesetzlich unfallversichert gewesen ist. Hierunter fällt zum einen der klassische "Arbeitnehmer". Die Haftungsfreistellung ist jedenfalls auf die Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen beschränkt. Dies sind erst einmal alle Arbeitskollegen. Über die formale Betriebszugehörigkeit hinaus werden aber auch alle Schädiger erfasst, die eine dem Betrieb dienende Tätigkeit ausgeführt haben.
Voraussetzung für die Annahme des Haftungsprivilegs ist, dass sich der Schadensfall im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit ereignete. Als betriebliche Tätigkeit des Schädigers ist grundsätzlich jede gegen Arbeitsunfall versicherte Tätigkeit zu qualifizieren. Entscheidend ist, ob es sich um eine betriebsbezogene Tätigkeit handelt, die dem unmittelbaren Schädiger von dem Betrieb oder für den Betrieb übertragen war oder die von ihm im Betriebsinteresse ausgeführt worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Schädiger Betriebsangehöriger war und insoweit dem Weisungs- und Direktionsrecht des Inhabers des Unfallbetriebs bzw. dessen Bevollmächtigten unterlag und ob er die Fürsorgepflicht des Unfallbetriebs beanspruchen konnte. Der Begriff der betrieblichen Tätigkeit ist weit auszulegen und objektiv zu bestimmen. Erforderlich ist eine unmittelbar mit dem Zweck der betrieblichen Beschäftigung zusammenhängende und eine dem Betrieb dienliche Tätigkeit. Maßgeblich ist, ob der Schaden in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit und nicht nur "bei Gelegenheit" verursacht wurde.
Rz. 6
Erfasst wird zum anderen auch der sog. Wie-Beschäftigte nach § 2 Abs. 2 SGB VII. Hierbei handelt es sich um Personen, die zwar nicht bei dem Unternehmer angestellt sind, aber mit dessen Willen eine Tätigkeit verrichten, die auch ein Arbeitnehmer durchführen könnte. Der Unfallversicherungsschutz hängt somit nicht von einem formellen Beschäftigungsverhältnis ab. Vielmehr können auch kurzfristige Verrichtungen in den Versicherungsschutz einbezogen werden. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII will aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstrecken, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen.
Rz. 7
Die dabei ausgeübte Tätigkeit hat objektiv einer Arbeitsleistung aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses zu ähneln. Auch kurzfristige unentgeltliche Tätigkeiten fallen hierunter, wenn sie über ganz unerhebliche Gefälligkeiten hinausgehen. Hierunter kann z.B. auch die sog. Pannenhilfe fallen – selbst wenn diese vom ADAC ausgeführt wird. Voraussetzung für das Eingreifen des Haftungsprivilegs ist in Fällen der Pannenhilfe allerdings, dass der Geschädigte eine Tätigkeit ausführen muss, die zumindest auch fremden und nicht nur eigenen Interessen dient. Liegt eine ernstliche Arbeitstätigkeit für ein Unternehmen vor, lässt sich der Versicherungsschutz jedenfalls nicht mit der Begründung verneinen, die Tätigkeit sei eigenwirtschaftlich, weil sie während der Freizeit verrichtet wurde. Auch wer am Privatfahrzeug eines anderen unentgeltlich oder aus Gefälligkeit Wartungsarbeiten (wie z.B. einen Ölwechsel) durchführt, verrichtet eine ernsthafte Arbeit im Interesse des Autohalters, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit des Fahrzeugs erforderlich ist und ist als "Wie-Beschäftigter" anzusehen. Auch betrieblich tätige unversicherte Personen, die aus Gefälligkeit dem Betrieb dienliche Verrichtungen vornehmen oder solche, die aufgrund enger verwandtschaftlicher Beziehungen eine betriebliche Tätigkeit verrichten, sind ebenfalls Begünstigte der Haftungsprivilegierung. Diese Anforderungen treffen beispielsweise auf den Ehegatten eines Unternehmers zu, der als Fahrzeugführer für eine Versorgungsfahrt für den Betrieb (hier: Arztpraxis) fungiert. Folglich muss der Unfallverursacher nicht notwendig selbst Angehöriger des Unfallbetriebes sein.
Rz. 8
Subjektiv ist erforderlich, dass der Geschädigte "fremdnützig" tätig gewesen ist, also nicht primär ein eigenwirtschaftliches Interesse gehabt hat. Dies ist z.B. nicht gegeben, wenn der Pkw-Eigentümer auf Weisung der Werkstatt das Fahrzeug auf eine Hebebühne fährt und anschließend ein Unfall geschieht.
Dem Versicherungsschutz steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass unter Verwandten die Bereitschaft zu Freundschafts- oder Gefälligkeitsleistungen größer ist und deshalb die Tätigkeit, die sonst aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses oder jedenfalls gegen Entgelt verrichtet wird, unentgeltlich erbracht w...