Rz. 51
Für das Verhalten Dritter gilt dasselbe wie für das Eingreifen des Geschädigten. Es beseitigt die Zurechnung nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist. Der Zurechnungszusammenhang wird daher grds. nicht dadurch unterbrochen, dass nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befasst worden ist und noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, wenn sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht beachtet hätte. Trifft der zweite Berater eine Entschließung oder erteilt er einen Hinweis, die schlechterdings unverständlich sind, also gemessen an sachgerechter Berufsausübung sachfremd und nicht nachvollziehbar erscheinen, hat der erste Anwalt dafür nicht einzustehen.
Rz. 52
In den nachstehend geschilderten Beispielsfällen hat der BGH ein schadensadäquates Verhalten des Anwalts bzw. Notars bejaht, der die Erstursache gesetzt hatte:
Beispiele
(1) |
Der beklagte Anwalt hatte es versäumt, notwendige Maßnahmen zur Unterbrechung der Verjährung zu treffen. Dem später beauftragten Kollegen war derselbe Fehler unterlaufen. |
(2) |
Der Mandant entschließt sich infolge fehlerhafter anwaltlicher Beratung zu einem ihm ungünstigen Vertrag; der beurkundende Notar hätte auf den ihm erkennbaren Fehler hinweisen müssen. |
(3) |
Der Notar hatte in dem von ihm beurkundeten Kaufvertrag die Wohnfläche des Hauses versehentlich zu hoch angegeben. Der Käufer verlangte deshalb vom Verkäufer einen Teil des Kaufpreises zurück. Er erwirkte einen Vollstreckungsbescheid; der Verkäufer versäumte infolge eines Anwaltsversehens die Einspruchsfrist. Dieser nahm nunmehr den Notar auf Schadensersatz in Anspruch. Dabei behauptete er, dem Käufer sei die wirkliche Wohnfläche bei Vertragsschluss genau bekannt, dessen Rückzahlungsanspruch also unbegründet gewesen. |
Rz. 53
Gerade der letzte Fall zeigt, dass im Filter der Adäquanz nur wenige pflichtwidrige Handlungen des Rechtsberaters hängen bleiben. Nach Auffassung der Rechtsprechung wird der Zurechnungszusammenhang nicht einmal dadurch unterbrochen, dass ein von der Pflichtwidrigkeit begünstigter Dritter den ihm zu Unrecht zugefallenen Vorteil bewusst zum Nachteil des Mandanten ausnutzt. Da ein solches Verhalten nicht außerhalb aller Erfahrung liegt, bleibt der Anwaltsfehler adäquat ursächlich für den Schaden des Auftraggebers. Die Zurechnungsgrenze ist erst dann überschritten, wenn der erste Anwalt den später mandatierten Kollegen noch rechtzeitig vor Eintritt des Schadens auf den Fehler hinweist und jener trotzdem aus sachwidrigen Erwägungen die gebotene Maßnahme unterlässt.