Rz. 141
Der Mandant hat Anspruch darauf, finanziell so gestellt zu werden, als hätte der Anwalt sich pflichtgemäß verhalten (§ 249 Abs. 1 BGB). Zu fragen ist, wie sich das Vermögen des Geschädigten im Vergleich zum tatsächlichen Ablauf entwickelt hätte. Die tatsächliche Vermögenslage muss also derjenigen gegenübergestellt werden, die sich ohne den Fehler des Beraters ergeben hätte. Hat der Anwalt fehlerhaft beraten, kann er grds. nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch genommen werden; denn er hat nicht für einen bestimmten Erfolg i.S.e. Garantie einzustehen (vgl. § 3 Rdn 8) Vielmehr haftet er nur auf den Vertrauensschaden, der dem Mandanten dadurch entstanden ist, dass er sich auf Richtigkeit und Vollständigkeit des erteilten Rates verlassen hat. Hat dieser aufgrund einer fehlerhaften Auskunft ein Geschäft abgeschlossen oder eine Maßnahme durchgeführt, die er bei rechtlich einwandfreier Beratung nicht vorgenommen hätte, so sind ihm die dafür entstandenen Aufwendungen zu ersetzen; ein ihm in diesem Zusammenhang zugefallener Wert oder Erlös ist anzurechnen. Ein ersatzfähiger Schaden ist danach nur entstanden, sofern seine Vermögenslage ohne die Investition insgesamt günstiger wäre. Gedeckt ist aber auch ein Anspruch auf entgangenen Gewinn, sofern dieser ohne die Pflichtverletzung des Anwalts erzielt worden wäre. Ein solcher Gewinn kann aus erfolgreichen Spekulationsgeschäften herrühren, die mit dem infolge des Beratungsfehlers verlorenen oder zu spät erhaltenen Geld getätigt worden wären.
Rz. 142
Hat der rechtliche Berater Ersatz für den Verlust eines Gesellschaftsanteils zu leisten, so ist regelmäßig der Wiederbeschaffungswert zu erstatten. Die dem Geschädigten künftig entstehenden Erträge aus der Beteiligung werden nicht gesondert ersetzt, sondern fließen in die Bemessung des Wiederbeschaffungswertes ein. Der aus dem pflichtwidrig empfohlenen Weg einer verdeckten Sacheinlage bei einer GmbH entstandene Schadensersatzanspruch bemisst sich, falls die vom Mandanten und der Gesellschaft im Zuge des verdeckten Geschäfts erbrachten Leistungen bereicherungsrechtlich zu saldieren sind, nach der Höhe der noch zu erbringenden Sacheinlage zuzüglich eines Wertverlusts an dem verdeckt eingebrachten Sachwert.
Rz. 143
Hat der Mandant aufgrund eines vom Anwalt zu vertretenden Fehlers Versorgungsausgleichsansprüche verloren, so stellt sich die Frage, wie der Verlust von Rentenanwartschaften auszugleichen ist, wenn die geschädigte Person das Rentenalter noch nicht erreicht hat. Die Rechtsprechung hat in dieser Frage geschwankt. Der BGH hat zunächst die Ansicht vertreten, durch eine sofortige Einzahlung auf das Rentenkonto, die sich möglicherweise nur zugunsten des Rentenversicherungsträgers auswirke, sei die zumutbare Opfergrenze überschritten, und deshalb entsprechend dem in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB enthaltenen Rechtsgedanken nur die Feststellung ausgesprochen, dass der Anwalt vom Zeitpunkt der Rentenberechtigung an fortlaufend die Beträge zu entrichten hat, die den Geschädigten so stellen, wie wenn die Rentenanwartschaft erhalten geblieben wäre. An dieser Auffassung hat der IX. Zivilsenat jedoch nicht festgehalten. Unter Bezugnahme auf Urteile des VI. Zivilsenats zu Rentenkürzungen im Unfallhaftpflichtrecht gewährt er nunmehr einen Anspruch gegen den Anwalt, den eingetretenen Schaden sofort durch Zahlung desjenigen Betrages an den Rentenversicherer auszugleichen, der erforderlich ist, um die entfallenen Anwartschaften wieder zu begründen, sofern das Rentenversicherungsrecht einen entsprechenden Ausgleich zulässt. Nur dann, wenn eine ausgleichende Zahlung aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften nicht möglich ist, verbleibt es dabei, dass der Mandant lediglich die Feststellung verlangen kann, vom Zeitpunkt der Rentenberechtigung an so gestellt zu werden, als sei der fehlende Betrag auf das Versicherungskonto eingezahlt worden.
Rz. 144
Ausnahmsweise kann auch ein Anspruch auf eine schadensbeseitigende Handlung des Anwalts nach § 249 Abs. 1 BGB begründet sein. So ist der Anwalt verpflichtet, über den ursprünglichen Auftrag hinausgehende Leistungen honorarfrei zu erbringen, wenn dem Mandanten aufgrund eines anwaltlichen Fehlers Nachteile drohen, die auf diese Weise noch abgewendet werden können. Nach dem Gesetz wird in erster Linie Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes geschuldet. Daher ist eine entsprechende Verpflichtung ebenfalls zu bejahen, wenn der Schaden nicht lediglich droht, sondern schon eingetreten ist, auf diese Weise aber beseitigt oder zumindest verringert werden kann. Ein entsprechender Schaden ist bereits eingetreten, wenn eine ansonsten begründete Klage infolge eines Anwaltsfehlers erstinstanzlich abgewiesen wird. Besteht in solchen Fällen ernsthafte Aussicht, dass die Entscheidung im Berufungsverfahren aufgehoben wird oder deren für den Mandanten nachteiligen Folgen durch einen zweiten Prozess beseitigt werden können,...