Rz. 174
Für Fälle, in denen ein bestimmter bezifferter Antrag noch nicht möglich ist, steht dem Kläger gem. § 256 ZPO die Feststellungsklage zur Verfügung.[206]
Rz. 175
Hiermit kann der Kläger das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, die Anerkennung einer Urkunde oder die Echtheit einer Urkunde durch ein Gericht bindend feststellen lassen. Durch die Feststellungsklage wird es den Parteien ermöglicht, ihre Rechtsbeziehungen bereits frühzeitig klären zu lassen. Durch die Rechtskraft des Feststellungsurteils ist dieses auch für spätere Prozesse auf Erfüllung, Rückgewähr oder Schadensersatz vorgreiflich.
Rz. 176
Voraussetzung für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO ist allerdings ein besonderes Feststellungsinteresse im Rahmen eines konkreten Rechtsverhältnisses. Ein solches rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist dann gegeben, wenn im Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht, und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, die Unsicherheit zu beseitigen.[207] Ein Interesse an der bloßen Abklärung allgemeiner Rechtsfragen oder der Vorfragen eines Rechtsverhältnisses genügt allerdings nicht.
Rz. 177
Das Feststellungsinteresse fehlt ebenfalls, wenn Leistungsklage erhoben werden könnte.[208] Hiervon lässt der BGH jedoch dann Ausnahmen zu, wenn damit gerechnet werden kann, dass die Feststellungsklage zu einer sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, und davon auszugehen ist, dass das Feststellungsurteil ausreicht, um die begehrte Leistung auch ohne vollstreckbaren Ausspruch zu erlangen.[209] Daher lässt der BGH die Feststellungsklage trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten,[210] Versicherungen,[211] Banken[212] und Insolvenzverwalter[213] zu. Das Feststellungsinteresse liegt auch dann vor, wenn das Bestehen eines Anspruches feststeht, die Höhe aber noch nicht bezifferbar ist.
Rz. 178
In der Praxis häufige Fälle sind Klagen auf Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz zukünftig entstehender Schäden, deren Höhe noch nicht vorhersehbar ist, verpflichtet wird. Auch wenn im Laufe des Rechtsstreites solche Schäden eintreten und damit beziffert werden könnten, ist der Kläger nicht gezwungen, insoweit von der Feststellungsklage Abstand zu nehmen und diese Ansprüche teilweise zu beziffern; er darf vielmehr bei der Feststellungsklage bleiben.[214]
Rz. 179
Zur Zulässigkeit der Feststellungsklage hat sich eine umfangreiche Kasuistik gebildet, so dass insoweit auf die entsprechenden Kommentarstellen verwiesen wird.[215]
Rz. 180
Die Feststellungsklage hemmt die Verjährung.[216] Ist ein bestimmter Anspruch rechtskräftig festgestellt, so greift die 30jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB ein.
Rz. 181
Ein Sonderfall der Feststellungsklage ist die negative Feststellungsklage, bei der das Rechtschutzziel die Feststellung ist, dass ein bestimmter Anspruch, dessen sich ein anderer berühmt, nicht besteht. Durch die negative Feststellungsklage ändert sich die Beweislast nicht. Dies bedeutet, dass in der Regel derjenige, der sich des Bestehens einer Forderung berühmt, auch deren Bestehen zu beweisen hat.[217]
Rz. 182
Hinweis
Einer negativen Feststellungsklage fehlt das Rechtschutzinteresse, wenn Leistungsklage oder eine positive Feststellungsklage erhoben werden können, da diese vorgehen. Nur diese können nämlich die Verjährung hemmen und sind daher trotz der Rechtshängigkeit der negativen Feststellungsklage zulässig.[218]
Rz. 183
Gem. § 256 Abs. 2 ZPO kann auch während eines laufenden Verfahrens eine Zwischenfeststellungsklage erhoben werden, um ein im Rahmen des Prozesses streitig gewordenes vorgreifliches Verhältnis rechtskräftig feststellen zu lassen.[219] Ein besonderes Feststellungsinteresse ist hierfür nicht erforderlich. Durch die Zwischenfeststellungsklage kann z.B. erreicht werden, dass bei einer Vindikationsklage nicht nur über den Herausgabeanspruch entschieden wird, sondern bindend auch Eigentums- oder Besitzrecht festgestellt wird.
Rz. 184
Da die positive Feststellungsklage – mit Ausnahme des Kostenausspruches – keinen vollstreckungsfähigen Ausspruch enthält, trägt die Rechtsprechung dem bei der Streitwertfestsetzung durch einen Abschlag von 20 % Rechnung.[220] Demgegenüber ist bei einer negativen Feststellungsklage der volle Betrag, dessen sich der Beklagte berühmt, zugrunde zu legen, da dem Beklagten bei erfolgter Klage auch eine Leistungsklage versagt ist.[221] Der Streitwert einer Zwischenfeststellungsklage ist gem. § 5 ZPO der Hauptsache zuzurechnen.
Rz. 185
Auch wenn im Laufe des Rechtsstreites solche Schäden eintreten und damit beziffert werden können, ist der Kläger nicht gezwungen, insoweit von der Feststellungsklage Abstand zu nehmen und diese Ansprüche teilweise zu beziffern. Er darf vielmehr bei der Feststellungsklage verbleiben.
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