Rz. 146
Gefahrerhöhungen werden in den AKB 2008 nicht gesondert geregelt, die "klassischen" Fälle der Gefahrerhöhung wie die Verwendungsklausel (G.1.1 AKB 2008) oder die Teilnahme an Rennveranstaltungen (D.2.2 AKB 2008) werden als Obliegenheiten normiert. Es gibt jedoch in der Kraftfahrzeugversicherung eine Vielzahl von weiteren Gefahrerhöhungen, die nach den allgemeinen Regeln (§§ 23 ff. VVG) zu beurteilen sind.
Rz. 147
Die Vorschriften über die Gefahrerhöhung gelten für alle Arten der Kraftfahrtversicherung und sind parallel zu den Vorschriften über die vorsätzliche und grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 31 VVG) anwendbar.
I. Definition
Rz. 148
Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich die Risikoumstände nach Stellung des Versicherungsantrages ungünstig verändern und ein neuer Zustand erhöhter Gefahr von einer gewissen Dauer geschaffen wird.
Rz. 149
Einmalige, kurzfristige oder vorübergehende Gefahränderungen sind noch keine Gefahrerhöhungen. Die Annahme einer Gefahrerhöhung setzt voraus, dass sich die geänderte Gefahrenlage dauerhaft auf einem höheren Niveau manifestiert.
Rz. 150
Die mehrfache Weiterbenutzung eines Fahrzeuges, dessen Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt ist, stellt eine Gefahrerhöhung dar.
Rz. 151
Die einmalige Benutzung eines verkehrsunsicheren Fahrzeuges ist daher noch keine Gefahrerhöhung, wohl aber die wochenlange Nutzung eines Fahrzeuges mit fehlendem Seitenfenster oder die Benutzung eines Fahrzeuges ohne ausreichendes Reifenprofil.
Rz. 152
Das VVG unterscheidet zwischen drei Alternativen der Gefahrerhöhung:
II. Kausalität
Rz. 153
Leistungsfreiheit des Versicherers nach einer Gefahrerhöhung tritt nur dann ein, wenn die Gefahrerhöhung sich ursächlich auf den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht ausgewirkt hat (§ 26 Abs. 3 S. 1 VVG). Aus der Formulierung "soweit" ergibt sich, dass die Kausalität vermutet wird, so dass der Versicherungsnehmer in der Regel den Kausalitätsgegenbeweis führen muss.
Beispiel
Der Versicherungsnehmer gerät mit abgefahrenen Reifen auf trockener Fahrbahn ins Schleudern.
Rz. 154
Der Kausalitätsgegenbeweis ist als geführt anzusehen, wenn der Versicherungsnehmer beweist, dass der Versicherungsfall auch ohne die Gefahrerhöhung eingetreten wäre.
III. Subjektive Gefahrerhöhung (§ 23 Abs. 1 VVG)
Rz. 155
Die Vornahme einer Gefahrerhöhung gemäß § 23 Abs. 1 VVG kann nur durch aktives Tun, nicht jedoch durch ein Unterlassen des Versicherungsnehmers erfolgen.
Rz. 156
In der Fahrzeugversicherung wird die Benutzung eines nicht verkehrssicheren Fahrzeuges als "vorgenommene" Gefahrerhöhung angesehen, obgleich eine Reparatur lediglich "unterlassen" worden ist.
Rz. 157
Da es sich bei § 23 Abs. 1 VVG um eine gewollte Risikoerhöhung handelt, muss der Versicherungsnehmer von der Gefahrerhöhung positive Kenntnis gehabt haben; grob fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus. Nur dann, wenn sich der Versicherungsnehmer der Kenntnis arglistig entzieht, kann er sich auf die fehlende Kenntnis nicht berufen.
Rz. 158
Der Versicherer muss die Gefahrerhöhung und die Kenntnis der Gefahr erhöhenden Umstände beweisen; der Versicherungsnehmer trägt die Beweislast für geringeres Verschulden als grobe Fahrlässigkeit (§ 26 Abs. 1 S. 2 VVG).
IV. Objektive Gefahrerhöhung (§ 23 Abs. 3 VVG)
Rz. 159
Eine objektive (nicht gewollte) Gefahrerhöhung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer einen Fahrzeugschlüssel verliert und das Fahrzeug entwendet wird, weil der Versicherungsnehmer keine Sicherungsmaßnahmen ergriffen hat.
Rz. 160
Der Versicherungsnehmer muss eine ungewollte Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzeigen (§ 23 Abs. 3 VVG). Der Versicherer kann dann den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von 1 Monat kündigen (§ 24 Abs. 2 VVG).
Rz. 161
Das Kündigungsrecht des Versicherers erlischt, wenn es nicht innerhalb 1 Monats "ausgeübt wird oder wenn der Zustand wiederhergestellt ist, der vor der Gefahrerhöhung bestanden hat" (§ 24 Abs. 3 VVG).
Rz. 162
Rechtsfolgen treten nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers ein (§ 26 Abs. 2 VVG). Bei Vorsatz und Kausalität tritt vollständige Leistungsfreiheit ein, bei grober Fahrlässigkeit und Kausalität kann d...