Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 133
Im Zusammenhang mit dem Wunsch, etwas zu verschenken oder zu vererben, sind das selbstgenutzte Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II von besonderer praktischer Bedeutung.
Der Wunsch, das Hausgrundstück als Familienheim zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 und S. 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt; ebenso wenig der bisherige Lebensstandard. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht bezweckt, auch nicht aus zufließender Erbmasse oder Schenkungen.
Rz. 134
Fallbeispiel 64: Die zu große Wohnung
Ein Bauingenieur hatte von seinen Eltern eine im Dachgeschoss gelegene Wohnung nebst Kellerräumen und einem Sondernutzungsrecht an einem Spitzboden sowie einen Miteigentumsanteil an einem Garagengrundstück erhalten und bewohnte diese Wohnung nach dem Tod der Eltern selbst. Seit 2005 stand der Ingenieur im Leistungsbezug. In 2014 begann der Leistungsträger mit der Prüfung, ob verwertbares Vermögen in der Wohnung liege, die der Ingenieur zunächst selbst mit 117 qm angegeben hatte. Da er die Besichtigung seiner Wohnung konsequent verweigerte, wurden ihm Leistungen nur noch darlehensweise gewährt und später – mangels Verwertungsbemühungen – gar nicht mehr. Dagegen wendete sich der Kläger.
Rz. 135
§ 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II bezieht – anders als § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII – die Angemessenheit eines Grundstücks nur auf die Größe des Hausgrundstücks. In § 90 SGB XII geht es dagegen um eine Angemessenheit, die sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes richtet. Das bewirkt einerseits eine Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, die das BSG bislang unbeanstandet gelassen hat. Andererseits ist dadurch im SGB II aber auch nur ein kleinerer Personenkreis in die Angemessenheitsprüfung einbezogen.
Rz. 136
Im SGB II wird nur auf den Haushalt, in dem die die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt, abgestellt. Einbezogen sind nur die Bedarfsgemeinschaftsmitglieder i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II sowie die für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft i.S.d. § 9 Abs. 5 SGB II lebenden weiteren Personen, während im SGB XII auch Angehörige i.S.v. § 16 Abs. 5 Nr. 3 SGB X dazugehören, also auch Verwandte und Verschwägerte gerader Linie.
In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist – solange eine rechtliche Teilung eines Wohngrundstücks oder einer Eigentumswohnung nicht vorliegt – bei der Prüfung der angemessenen Größe die gesamte Wohnfläche zu berücksichtigen. Das gilt z.B. auch im Falle, dass
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der Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt ist |
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der Eigentümer des gesamten Hausgrundstück eine Einliegerwohnung vermietet hat. |
Rz. 137
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit wird mit Blick auf die Gesamtwohnfläche der Immobilie und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), wie im SGB XII differenziert nach der Anzahl der Personen, bestimmt, so dass insoweit auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen werden kann.
Hinweis
Es kann sich durch Bereinigung der Wohnfläche eine Fläche von angemessener Größe ergeben, wenn man an dieser Stelle einmal gut hinschaut. Prahlen mit der guten Ausstattung der Immobilie ist kontraproduktiv.
Die Wohnfläche einer Wohnung umfasst die Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören. Nach § 3 Abs. 3 der Wohnflächenverordnung gehören dazu nicht Zubehörräume, insbesondere:
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Kellerräume |
b) |
Abstellräume und Kellerersatzräume außerhalb der Wohnung |
c) |
Waschküchen |
d) |
Bodenräume |
e) |
Trockenräume |
f) |
Heizungsräume und |
g) |
Garagen. |
Ebenso wenig gehören dazu Räume, die nicht den an ihre Nutzung zu stellenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder genügen, sowie Geschäftsräume.
Die Fläche leerstehender Wohnräume ist bei der Bewertung der Wohnflächengröße solange mit einzubeziehen, solange hinsichtlich der Nutzung keine rechtliche Beschränkung existiert.
Rz. 138
Bei der Grundstücksgröße kann man sich an folgenden Werten orientieren:
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800 qm für ein Einfamilienhaus im ländlichen Bereich, 5.000 qm für ein alleinstehendes Haus im städtischen Bereich, 250 qm für ein Reihenhaus und 350 qm für eine Doppelhaushälfte. |
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Die Wohnflächengröße von 90 qm für einen Ein- bis Zwei-Personen-Haushalt in einem Einfamilienhaus ist nicht starr anzuwenden, kleine Abweichungen, wie z.B. eine Größe von 91,89 qm, werden vom BSG toleriert. Solche Abweichungen kommen insbesondere für "außergewöhnlich... |