Rz. 72
Im Gegensatz zur Sozialversicherung ist die Lebensversicherung ein privatrechtlicher Vertrag. Sie dient der Absicherung des Versicherungsnehmers und seiner Hinterbliebenen im Fall des Todes oder im vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt. Für die Pfändung ist es völlig unerheblich, ob es sich um eine zusätzliche Leistung des Schuldners zu seiner gesetzlichen Sozialversicherung handelt oder ob es sich um eine befreiende Lebensversicherung als Voraussetzung für die Entlassung aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt. Die Ansprüche aus einer Lebensversicherung sind grundsätzlich pfändbar.
Die Versicherung kann abgeschlossen sein:
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nur auf den Tod der versicherten Person (Risikolebensversicherung), |
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auf den Erlebensfall, also wenn der Versicherte einen im Vertrag bestimmten Tag erlebt oder |
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als gemischte Kapitalversicherung, sowohl auf den Todesfall als auch auf den Erlebensfall. |
Rz. 73
Die Pfändung einer Forderung setzt einen im Zeitpunkt der Pfändung in der Person des Schuldners bestehenden Anspruch gegen den Drittschuldner voraus; ist dies nicht der Fall, ist sie schlechthin nichtig. Das gilt auch, wenn der Anspruch auf die Versicherungsleistung im Zeitpunkt der Pfändung zur Sicherheit abgetreten war und später zurückabgetreten werden soll. Ebenso deutlich hat dies das OLG Frankfurt bestätigt: Ist die Lebensversicherung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung, also mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner, an einen Dritten wirksam abgetreten, ist die Pfändung wirkungslos und gewährt dem vollstreckenden Gläubiger keine Rechte. Dies gilt auch für eine Sicherungsabtretung. Eine aus diesem Grunde nichtige Pfändung erlangt nicht dadurch Wirksamkeit, dass die abgetretene Forderung nach der Pfändung an den Zedenten zurückabgetreten wird.
Rz. 74
An der grds. Pfändbarkeit hat sich auch durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge v. 26.3.2007 (BGBl I, 368) nichts geändert. Hiernach kann der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine Versicherung verlangen, die den Anforderungen des § 851c Abs. 1 ZPO entspricht (eingefügt durch den am 31.3.2007 in Kraft getretenen Art. 3 Nr. 2, Art. 4 des Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge v. 26.3.2007, BGBl I, 368). Nach § 851c Abs. 1 ZPO dürfen Ansprüche auf Leistungen, die aufgrund von Verträgen gewährt werden, nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wenn (1) die Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt wird, (2) über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf, (3) die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen ist und (4) die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde. Die jährlich bestimmten unpfändbaren Beträge ergeben sich im Einzelnen aus § 851c Abs. 2 ZPO. Weiter gilt nach § 851d ZPO, dass monatliche Leistungen in Form einer lebenslangen Rente oder monatlicher Ratenzahlungen im Rahmen eines Auszahlungsplans nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Altersvorsorgeverträge- Zertifizierungsgesetzes aus steuerlich gefördertem Altersvorsorgevermögen wie Arbeitseinkommen pfändbar sind. Diese Vorschrift hat in ihrem Geltungsbereich Vorrang vor § 851c ZPO.
Rz. 75
Durch diese Vorschriften wird lediglich der Umfang der Pfändung in zweifacher Weise eingeschränkt. Statt der bisher unbeschränkten Pfändbarkeit wird für Lebensversicherungen, die nach Eintritt des Versicherungsfalles als Altersrenten bezogen werden, unter den in der neuen Vorschrift des § 851c ZPO genannten Voraussetzungen eine Pfändung nur wie bei Arbeitseinkommen zugelassen. Dies hat auf den Pfändungsantrag keine Auswirkung, sondern ist – wie bei den gesetzlichen Renten – lediglich i.R.d. Auszahlung zu berücksichtigen.
Rz. 76
Da der Versicherungsnehmer, um eine private Rente zu erhalten, das Vorsorgekapital ansparen muss, aus dem die Rentenleistungen zur Verfügung gestellt werden, muss auch dieses geschützt werden. Da ein Gläubiger schon vor dem Eintritt des Versicherungsfalls das Recht auf Rückvergütung des Vorsorgekapitals zusammen mit dem Recht auf Kündigung des Versicherungsvertrags pfänden könnte, ist dieses Kündigungsrecht in dem Umfang unpfändbar, in dem eine Pfändung im Versicherungsfall die Zahlung der unpfändbaren Rente vereiteln würde (§ 851c Abs. 2 ZPO).
Rz. 77
Entsprechendes gilt gem. § 851d ZPO für monatliche Leistungen in Form einer lebenslangen Rente oder monatlicher Ratenzahlungen im Rahmen eines Auszahlungsplans nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AltZertG.
Rz. 78
Unpfändbar sind allerdings Ansprüche aus einer Lebensversicherung i.R.d. § 850 Abs. 3 ZPO (z.B. betriebliche Altersversorgung), Kleinlebensversicherungen bis 5.400,00 EUR (§ 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO) sowie alte Handwerkerlebensversicherungen (§ 22 1. DVO HWG).