Rz. 169
Zitat
RDG § 5 Abs. 1 S. 1
a) |
Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. |
b) |
Etwas anderes gilt, wenn die Haftung dem Grunde nach oder die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen. |
a) Der Fall
Rz. 170
Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangte von dem beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht der Geschädigten Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 4.11.2009. Die volle Einstandspflicht der Beklagten stand außer Streit.
Rz. 171
Die Geschädigte mietete bei der Klägerin für die Zeit des schädigungsbedingten Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. In diesem Zusammenhang unterzeichneten die Mietvertragsparteien am 5./9.11.2009 eine von der Klägerin vorformulierte Erklärung "Abtretung und Zahlungsanweisung" mit folgendem Wortlaut:
Zitat
Hiermit trete ich die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Fahrer, Halter und deren/dessen Haftpflichtversicherung aus dem oben genannten Schadensereignis erfüllungshalber an die … (Klägerin) ab.
Ich weise die Versicherung und gegebenenfalls den regulierenden Rechtsanwalt an, den sich aus der Fahrzeuganmietung ergebenden Schadensbetrag unmittelbar an die oben genannte Autovermietung zu zahlen und bitte darum, die Zahlungsbereitschaft kurzfristig dorthin zu bestätigen.
Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht von meiner Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenkosten befreit, wenn die Versicherung nicht in angemessener Zeit/Höhe leistet. Zahlungen werden mit den Ansprüchen der Geschädigten verrechnet.
Rz. 172
Die Klägerin übersandte das Original ihrer Rechnung über einen Betrag von 1.246,41 EUR an die Zedentin und eine Kopie an die Beklagte, die auf den Rechnungsbetrag 575 EUR erstattete. Mit der Klage macht die Klägerin die Differenz aus einem von ihr als berechtigt angenommenen Mindestbetrag von 1.147,40 EUR ("Normaltarif/Selbstzahlertarif" unter Heranziehung des Schwacke-Mietpreisspiegels unter Hinzurechnung eines Zuschlages für unfallbedingte Zusatzleistungen in Höhe von 262 EUR) und der gezahlten 575 EUR, mithin 572,40 EUR zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend.
Rz. 173
Das Amtsgericht (AG Waiblingen, Urt. v. 5.11.2010 – 8 C 1039/10, juris) hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen, weil die Abtretung gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen §§ 1, 2, 3 und 5 RDG unwirksam sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebte die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 174
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hielt revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Abtretung war nicht nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen §§ 1, 2, 3 und 5 RDG nichtig. Die von der Klägerin aufgrund der Abtretungsvereinbarung ausgeübte Tätigkeit war jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt.
Rz. 175
Es konnte offenbleiben, ob es sich bei der Einziehung der an die Klägerin erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der Geschädigten – wie vom Berufungsgericht angenommen – um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG handelte oder – wie die Revision meinte – eine eigene Rechtsangelegenheit der Klägerin vorlag. Auch wenn man vom Vorliegen einer Rechtsdienstleistung ausgeht, ist diese jedenfalls nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG erlaubt. Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Handelnden gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 S. 2 RDG). Danach waren im Streitfall die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 1 RDG erfüllt.
Rz. 176
Die Frage, ob die Einziehung erfüllungshalber abgetretener Schadensersatzforderungen von Kunden zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Autovermieters gehört, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Nach der auch vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung besteht das Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Mietwagenunternehmens in der Vermietung von Kraftfahrzeugen und beinhaltet schon mangels ausreichender Rechtskenntnisse des durchschnittlichen Autovermieters nicht die Befassung mit komplexen Rechtsfragen des Schadensersatzrechts. Eine andere Auffassung verweist darauf, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen zu den üblichen Nebenleistungen von Mietwagenunternehmen gehöre und es durchaus in einem sachlichen Zusammenhang zu der Vermietungstätigkeit stehe, we...