Rz. 298
a) Der Fall
Rz. 299
Die Klägerin, eine gewerbliche Kraftfahrzeugvermieterin, nahm den Beklagten auf Ersatz des Schadens in Anspruch, den er als Fahrer eines von seiner Ehefrau, der ehemaligen Beklagten zu 1, am 10.6.2010 angemieteten Kraftfahrzeugs verursacht hatte. In dem Mietvertrag war eine Haftungsfreistellung für selbstverschuldete Unfälle mit einer Selbstbeteiligung von 350 EUR pro Schadensfall vereinbart. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin zugrunde, die unter anderem folgende Regelung enthielten:
Zitat
I: 2. Dem Mieter steht es frei, die Haftung aus Unfällen für Schäden der Vermieterin durch Zahlung eines besonderen Entgelts auszuschließen = vertragliche Haftungsfreistellung. In diesem Fall haftet er für Schäden, abgesehen von der vereinbarten Selbstbeteiligung nur dann, wenn
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er oder seine Erfüllungsgehilfen den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt haben. |
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Nach der im Vertrag unter I: 7. getroffenen Regelung gelten sämtliche Rechte und Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung zugunsten und zulasten des berechtigten Fahrers.
Rz. 300
Am 13.6.2010 verursachte der Beklagte gegen 20.00 Uhr in B einen Verkehrsunfall, weil er vor einer Kreuzung das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage missachtete. In der Kreuzungsmitte kollidierte das Mietfahrzeug mit einem anderen Kraftfahrzeug und wurde im Frontbereich erheblich beschädigt.
Rz. 301
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Reparaturkosten, Wertminderung und Sachverständigenkosten sowie eine Kostenpauschale mit einer Quote von 75 % geltend gemacht und Zahlung von insgesamt 5.378,15 EUR verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage mit einer Haftungsquote von 50 % stattgegeben und den Beklagten unter Abzug der bei Vertragsschluss erbrachten Selbstbeteiligung zur Zahlung von 2.982,94 EUR nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebte der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 302
Das angefochtene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zutreffend ging das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der in den Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin vorgesehene Haftungsvorbehalt für Fälle grober Fahrlässigkeit wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam war, denn diese Klausel weicht von wesentlichen Grundgedanken der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelung über die Fahrzeugvollversicherung ab und ist mit diesen nicht zu vereinbaren. Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, so darf dieser nämlich darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeugs und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 20.5.2009 – XII ZR 94/07, BGHZ 181, 179 Rn 13). In der Fahrzeugvollversicherung ist – wie auch sonst im Versicherungsvertragsrecht – eine Vertragsbestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Versicherungsnehmer voll haftet, wenn er den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeiführt, regelmäßig gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (Senatsurt. v.11.10.2011 – VI ZR 46/10, BGHZ 191, 150 Rn 12 m.w.N.). Dies gilt hinsichtlich der Haftung des grob fahrlässig handelnden berechtigten Fahrers, der nicht Mieter ist, gleichermaßen jedenfalls dann, wenn dessen Haftungsfreistellung – wie hier – in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen ausdrücklich vorgesehen ist (Senatsurt. v. 11.10.2011 – VI ZR 46/10, a.a.O. Rn 14).
Rz. 303
Mit Recht nahm das Berufungsgericht auch an, dass an die Stelle der unwirksamen Klausel über den Haftungsvorbehalt der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des § 81 Abs. 2 VVG tritt.
Rz. 304
Ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, sind vorrangig die gesetzlichen Vorschriften als eine ...