Rz. 315
Zitat
BGB §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2 S. 1
a) |
Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Mietwagentarif erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (im Anschluss an Senatsurt. v. 2.2.2010 – VI ZR 139/08, a.a.O. Rn 12). |
b) |
In diesem Zusammenhang kann auch das Angebot des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten, ihm eine günstige Anmietmöglichkeit zu vermitteln, beachtlich sein. |
a) Der Fall
Rz. 316
Der Kläger machte gegen den beklagten Haftpflichtversicherer restliche Mietwagenkosten aus einem Verkehrsunfall vom 27.9.2012 geltend. Die Einstandspflicht der Beklagten stand dem Grunde nach außer Streit.
Rz. 317
Am Vormittag des 28.9.2012 führte der Kläger mit einem Mitarbeiter der Beklagten ein Telefonat über den vorgenannten Verkehrsunfall, wobei ihm nach dem Sachvortrag der Beklagten angeboten worden sei, ihm einen Mietwagen zu einem günstigen Tagespreis zu vermitteln. Darauf sei der Kläger jedoch nicht eingegangen. Am Nachmittag desselben Tages mietete der Kläger bei der Autovermietung L-GmbH ein dem unfallbeschädigten Pkw vergleichbares Mietfahrzeug an. Für die Mietdauer bis zum 12.10.2012 berechnete ihm das Mietwagenunternehmen Kosten in Höhe von 1.632,82 EUR. Die Beklagte zahlte an den Kläger lediglich Mietwagenkosten in Höhe von 570 EUR, die bei Anmietung eines Mietfahrzeugs zu einem Tagesmietpreis von 38 EUR angefallen wären. Mit der vorliegenden Klage machte der Kläger den Differenzbetrag von 1.062,82 EUR nebst Zinsen geltend.
Rz. 318
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 319
Das Berufungsurteil hielt revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand grundsätzlich den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann (vgl. etwa Senatsurt. v. 2.2.2010 – VI ZR 139/08, VersR 2010, 545 Rn 10 und v. 18.12.2012 – VI ZR 316/11, VersR 2013, 330 Rn 8, jeweils m.w.N.).
Rz. 320
Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Tarif erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. Senatsurt. V. 2.2.2010 – VI ZR 139/08, a.a.O. Rn 12). So lag der Fall hier. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die seitens der Beklagten dem Kläger angebotenen günstigeren Anmietmöglichkeiten "ohne weiteres" zugänglich gewesen wären, ließen entgegen der Auffassung der Revision keinen Rechtsfehler erkennen.
Rz. 321
Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurt. v. 16.4.2013 – VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn 13 m.w.N.). Einen solchen Fehler zeigte die Revision nicht auf.
Rz. 322
Die Revision ging selbst davon aus, dass nach der vorgenannten Rechtsprechung des erkennenden Senats das Angebot des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten, ihm ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung zu stellen oder zu vermitteln, beachtlich sein kann (vgl. zur Schadensgeringhaltungspflicht bei der Verwertung von Unfallfahrzeugen Senatsurt. v. 1.6.2010 – VI ZR 316/09, VersR 2010, 963 Rn 9 f.). Sie me...